Trauerkundgebung für kolumbianischen Linken

10.000 Menschen gaben am Dienstag in Bogota inmitten eines martialischen Polizeiaufgebots dem am Freitag von Todesschwadronen ermordeten Jose Antequera das letzte Geleit / Trauerzug war zunächst von der Regierung verboten worden  ■  Aus Bogota Ciro Krauthausen

Inmitten eines spektakulären Polizei- und Militäraufgebots gaben am Dienstag in Bogota über 10.000 Menschen dem ermordeten Linkspolitiker Jose Antequera das letzte Geleit. Der 34jährige, zweiter Mann der Union Patriotica (UP), war am Freitag auf dem Flughafen der kolumbianischen Hauptstadt erschossen worden. Er war der 21. Politiker der Linkspartei, der in diesem Jahr den Todesschwadronen zum Opfer gefallen ist. Über 800 Mitglieder hat die UP insgesamt seit ihrer Gründung vor drei Jahren durch Mordanschläge verloren.

Eigentlich hätte das Begräbnis Antequeras am Montag stattfinden sollen. Doch die Regierung verbot einen Trauerzug durchs Zentrum der Stadt mit einer Kundgebung vor dem Regierungsgebäude. Zunächst hatte die UP danach angedroht, den Toten unbefristet im Stadtrat aufgebahrt zu lassen, doch stimmte sie schließlich einer Kompromißlösung zu: Die Regierung gestattete einen kurzen Trauerzug zum Zentralfriedhof. Aus Angst vor Protesten und Unruhen wurde ein zweitägiges Demonstrations- und Alkoholverbot über die Hauptstadt verhängt. Die Universität wurde geschlossen und den Rundfunkanstalten untersagt, am Dienstag ohne vorherige Genehmigung politische Ansprachen zu senden.

Am Dienstag selbst erlebte Bogota einen großangelegten Polizei- und Militäreinsatz. Schwerbewaffnete Patrouillen zogen durchs Zentrum. An strategischen Punkten wurden Panzer postiert. Hubschrauber überflogen die Stadt. Die an den Weg des Trauerzugs angrenzenden Straßen wurden von der Militärpolizei mit Stacheldraht abgesperrt. Zu den über 10.000 Trauergästen, die trotz des martialischen Aufgebots und des strömenden Regens sich auf dem Friedhof eingefunden hatten, sprach unter anderen auch Diego Montana Cuellar, amtierender Präsident der UP, seit sich der Parteichef Bernardo Jaramillo letzte Woche aus Sicherheitsgründen ins ausländische Exil abgesetzt hat. Er sei sicher, sagte er, daß es den rechtsradikalen Killern an den Kragen gehe, noch bevor die letzten UP-Mitglieder ihren Kugeln zum Opfer fallen würden. Der ebenfalls von Todesschwadronen bedrohte Politiker beendete seine Rede mit einem dreimaligen Ruf nach „Widerstand“.

Ein Vertreter der linksnationalistischen Guerillabewegung M -19, die zur Zeit in Bogota mit der Regierung Friedensverhandlungen führt, erklärte in seiner Grabrede, daß auch weiterhin die Waffen der Guerilla den Frieden aufbauen würden. Für heute haben die größten Gewerkschaftsverbände landesweite Kundgebungen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung und den schmutzigen Krieg gegen die politische Opposition angekündigt.