Fließt heißes Wasser schneller als kaltes?

■ Erste, zweite, dritte und Trostpreise im Wettbewerb „Jugend forscht“ vergeben / In Bremen mehr junge ForscherInnen als in Hamburg oder Hessen / Nützliche und ausgefallene Ergebnisse / Ein Roboter, der aus dem Labyrinth herausfindet

Wie findet der Roboter per Computer aus einem Labyrinth heraus? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben drei Schüler des Schulzentrums Hermannsburg einen Test-Irrgarten mit veränderlichen Wänden konstruiert, in dem ihr Fischer -Technik-Roboter herumfährt. Und sie haben einen kleinen Personal-Computer so programmiert, daß der Roboter garantiert den Ausgang findet. „Der Computer braucht nicht wie Hänsel und Gretel - Brotkrümel, um zu merken, daß er zum zweiten Mal an eine Stelle kommt. Er zeichnet seinen Weg auf“, heißt es in der Kurzbeschreibung des Experiments. Beim 24. Wettbewerb „Jugend forscht“ gab es für die drei Erfinder gestern im Bereich Technik einen dritten Platz. Zucker im Ketchup

Einen zweiten Platz im Bereich Biologie gewannen drei 12jährige Mädchen im Wettbewerb für die Jüngeren, „Schüler forschen“. Sie haben Alltagsnahrung auf ihren zahnschädlichen Zuckergehalt analysiert und präsentierten die Ergebnisse in Form von beeindruckenden Würfelzucker -Pyramiden vor einem Glas Cola, einer Büchse Nutella und einer Bratwurst mit Ketchup.

Über 300 TeilnehmerInnen und Freunde und Verwandte applaudierten gestern nachmittag in der MBB-Werkskantine den PreisträgerInnen. Mit 130 angemeldeten Forschungs-Arbeiten hat der 1966 vom Stern-Chefredakteur Henri Nannen erfundene und vom Luft-, Raumfahrt- und Militärkonzern MBB gesponsorte Nachwuchs-ForscherInenn-Wettbewerb in Bremen großen Anklang gefunden. Ganze 117 Anmeldungen gab es in Hessen und 120 in Hamburg. „Die Mädchen haben erheblich aufgeholt“, ergänzte Oberschulrat Mews die Statistik. Im SchülerInnen-Wettbewerb waren 53 Prozent Mädchen und bei den Jugendlichen 13 Prozent. Zwei der zwölf ersten Preise, die auch zur Teilnahme am Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ berechtigen, gingen an junge Frauen. Antarktische Haare

Eine von ihnen ist Maren Hansen aus dem Sek-II-Zentrum Bördestraße. Sie hat während eines Praktikums im Bremerhavener Alfred-Wegner-Institut das „Schicksal der Assimilationshaare antarktischer Desmarestia-Arten“ erforscht. Das erstaunliche an diesen Haaren: Sie verschwinden, aber keiner wußte

bislang wie. Jetzt ist das Geheimnis gelüftet und Maren Hansens Forscherinnen-Laufbahn vorprogrammiert. Denn die Industrie zeigt große Aufmerksamkeit für so junge ExpertInnen. „Vielleicht können wir einige von Ihnen ja einmal als unsere Mitarbeiter begrüßen“, machte MBB

Chef Kappler bei der Preisverleihung deutliche Angebote.

Besonderes Interesse wird Robert Casties erregen. Der 21jährige Zivildienstleistende im Projekt der Pfadfinder in der ehemals besetzten Heinrichstraße gewann gleich drei erste Preise in den Bereichen Physik, Technik und Um

welt. Die Bedeutung der Arbeit „Entwicklung und Bau eines 3D Multiprozessorsystems auf der Basis von Billig-CPU's“ können sich nur Computer-Freaks etwas vorstellen. Aber Casties Projekt „Bedarfsgerecht heizen: Einzelraumtemperatur- und Kesselregelung mit dem Computer“, das

mit dem Umwelt-Preis bedacht wurde, könnte die einschlägige Industrie hellhörig machen. Nutzen für Daimler

Gleiches gilt auch für die Arbeit „Rohrentbeuler“, mit der drei Azubis den ersten Preis im Bereich Arbeitswelt gewannen. Ihr Arbeitgeber - Daimler Benz - hat bereits Interesse an der praktischen Verwendung signalisiert. Schließlich gibt es in der Autoproduktion so manches Rohr zu entbeulen.

Doch auch abseits des profanen Nutzens wird in Bremens Jugend kräftig geforscht. So haben zwei Schüler zum Beispiel einem Computer lateinische Deklination beigebracht. Zum Schummeln unter dem Schultisch ist der Bildschirm allerdings noch ein bißchen zu groß. Und ein jüngerer Schüler hat untersucht, ob heißes Wasser schneller fließt. Ergebnis: Kaltes fließt langsamer, aber ab einer bestimmten Temperatur steigt die Geschwindigkeit mit zunehmender Hitze nicht mehr.

Mit Flüssigkeiten ganz anderer Qualität befaßt sich die Arbeit „Chemische Untersuchung einiger Qualitätsmerkmale ausgewählter Sektsorten“. Dafür hatten die Juroren nur einen Trostpreis übrig.

Dirk Asendorpf