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„Der Mann tut mir unendlich leid“

Interview mit Petra Wetzel, die vor zehn Jahren an der Ballonflucht von Thüringen nach Bayern beteiligt war  ■ I N T E R V I E W

Am 16. September 1979 flohen zwei Familien aus der DDR mit einem Heißluftballon von Thüringen nach Bayern. Eine von ihnen war die Drogistin Petra Wetzel, die jetzt in einem Dorf bei Hof wohnt. Die taz interviewte die 33jährige angesichts des Fluchtversuchs des 32jährigen Winfried Freudenberg, der bei dem Absturz aus seinem Ballon ums Leben gekommen war.

taz: Was haben Sie gedacht, als Sie vom tödlichen Absturz des Ballonfliegers Winfried Freudenberg hörten?

Petra Wetzel: Ich bin gar nicht zum Nachdenken gekommen, weil ich lauter Anrufe von fremden Leuten gekriegt habe, die unbedingt wissen wollten, was ich davon halte. Die wollten wissen, ob der Honecker geschossen hat und lauter solchen Irrsinn. Ich hatte den Bericht gerade in den 20-Uhr -Nachrichten gesehen, und schon ging das Telefon. Nachts um zehn hatte ich genug und bin nicht mehr rangegangen.

Waren Sie sich eigentlich vor Ihrer Flucht über die Gefahren einer Ballonfahrt im klaren?

Das ist mir erst im nachhinein klar geworden, als uns andere Ballonfahrer erzählt haben, was hätte passieren können. Danach hatte ich ein halbes Jahr ganz furchtbare Alpträume und konnte kaum schlafen.

In welcher Höhe und wielange sind Sie damals geflogen?

2.500 Meter waren wir auf jeden Fall hoch. Das weiß ich deshalb noch so genau, weil da das Barometer ausgefallen ist. Der Flug hat knappe 30 Minuten gedauert, dann ging das Gas aus. Das war schon zweimal vorher passiert, beim dritten Mal ist es wahrscheinlich nicht mehr angegangen, weil die Flaschen leer waren.

Wie lange haben die Vorbereitungen gedauert?

Wir hatten ja insgesamt drei Ballons. Der erste ist gar nicht hochgestiegen, weil er aus einem luftdurchlässigen Baumwollstoff war. Der zweite war zu klein. Damit wollten nur vier fort, aber das ist auch schiefgegangen. Der letzte Ballon war aus imprägniertem Taft und Bettinlets, was wir uns mühsam zusammenkaufen mußten. Um die technischen Vorbereitungen habe ich mich dann aber nicht weiter gekümmert, das war Männersache. Ich mußte immer schauen, daß im Haushalt alles ruhig weiterläuft, mit den Kindern spazieren gehen und aufpassen, daß niemand was merkt.

Glauben Sie, daß Winfried Freudenberg durch Ihren Flug motiviert wurde?

Es könnte sein. Wahrscheinlich hat er keinen anderen Ausweg gewußt, als sich einen Ballon zu nehmen. Denn zu Fuß über die Grenze ist es ja doch viel schwieriger.

Was löst sein Tod bei Ihnen aus?

Der Mann tut mir unendlich leid. Es ist schlimm, daß sowas so ausgeht. Man ist ja so ahnungslos, weil man sich drüben nicht informieren kann, wie so ein Ballonflug und alles, was damit zusammenhängt, funktioniert. Man muß es auf gut Glück versuchen zu berechnen. Ich bin kein Fachmann, mein Mann könnte das jetzt sicher besser erklären. Aber irgend etwas muß er falsch gemacht haben.

Hat sich das Risiko für das, was Sie hier vorgefunden haben, gelohnt?

Es hat sich gelohnt, aber ich würde es mein Lebtag nicht wiedertun, nicht für alles Geld der Welt. Nie wieder steig ich in einen Ballon.

Abenteuerlust gehört aber doch dazu, oder?

Nein, Abenteuerlust, das ist falsch formuliert. Ich wollte eigentlich nur rüber zu meiner Mutti.

Interview: plu

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