Demonstration zum Nordpol

■ Acht Männer aus sieben Ländern werden ab Samstag zum Nordpol laufen, um gegen die Ozonkiller zu protestieren

Am Samstag startet eine internationale Expedition von Cape Columbia in Nordost-Kanada Richtung Nordpol. Nicht Abenteuerlust und Selbstdarstellungsdrang treibt die acht Männer 1.000 Kilometer durch das Packeis, wie sie versichern. Der Initiator des Unternehmens, die „Internationale Umweltorganisation Icewalk“, will „auf Umweltprobleme, hauptsächlich das Ozonloch, aufmerksam machen“. Un-Generalsekretär Perez de Cuellar übernahm die Schirmherrschaft für die Expedition, aus der Bundesrepublik schickte Bundeskanzler Helmut Kohl eine Grußbotschaft ins Base Camp nach Kanada. Icewalk - 1986 von dem Südpol -Besucher Robert Swan gegründet - hat nach eigenen Angaben weltweit 300.000 Mitglieder und setzt sich die „Aufklärung aller Bürger hinsichtlich der Umweltprobleme“ zum Ziel. Besondere Adressaten der Öffentlichkeitsarbeit sind Jugendliche. In der Bundesrepublik verfügt Icewalk seit Oktober 1988 über ein Büro in Hamburg und etwa 60 Mitglieder.

Die taz sprach mit dem westdeutschen Teilnehmer der Expedition, Arved Fuchs, im Trainingslager Frobisher Bay auf der Baffin-Insel. Bei minus 45 Grad wurden Ausrüstung und Nahrungsmittel einem letzten Check unterzogen

taz: Aktionen für die Umwelt sind nicht ungewöhnlich. Doch eine Demonstration zum Nordpol zum Schutz der Ozonschicht erscheint mir, gelinde gesagt, exzentrisch. Was bezwecken Sie mit Ihrem 60tägigen Marsch durch das Eis?

Fuchs: Eine Nordpol-Expedition ist eine spektakuläre Aktion und deshalb sehr medienwirksam. Sonst würden Sie hier heute morgen nicht anrufen. Polarexperten aus sieben Nationen haben sich zusammengetan für die Expedition, weil Umweltschutz eine globale Aufgabe ist. Unser Fachgebiet sind die Polarzonen. Mit der Expedition wollen wir die Message transportieren: Leute so kann's nicht weitergehen. Wir wollen die Leute wachrütteln. Das ist unser Beitrag zum Umweltschutz, ohne daß wir erwarten, damit die ganze Welt auf den Kopf zu stellen.

Darüber hinaus werden wir auch wissenschaftliche Arbeit leisten. Das heißt, wir werden Schadstoffuntersuchungen und ein medizinisches Programm durchführen. Der russische Teilnehmer ist Arzt. Weiter haben wir in Kanada ein Jugendcamp eingerichtet, in das 30 Jugendliche aus aller Welt für drei Wochen eingeflogen werden, die später als Multiplikatoren die Botschaft weitergeben sollen.

Warum können Sie die Jugendlichen nicht nach Bad Bramstedt einladen und ihnen dort in Filmen, Vorträgen und Diskussionen die Arktis näher bringen?

Nein, das kann man nicht. Die Polarregionen sind in der Vorstellungswelt der Leute sehr abstrakt: da sind Eisbären oder Pinguine, ein paar Eskimos, Schnee und Eis. Uns geht es darum, daß die Jugendlichen selbst die Arktis als eine erhaltenswerte, schöne Landschaft erkennen. Später werden wir ihnen helfen, Vorträge zu halten.

Expedition und das Jugendcamp kosten drei Millionen US -Dollar. Wer finanziert diese „Demo“?

Jede PR-Aktion ist teuer. Bei unserem Vorhaben wird eine sinnvolle Zusammenarbeit mit Sponsoren aus der Industrie, die umweltverträgliche Produkte herstellen, praktiziert. Hauptsponsor ist der US-Konzern Amway, der Haushalts- und Nahrungsmittel produziert. In der Bundesrepublik steuert die Hamburg-Münchener-Versicherung Geld bei, die Vereins- und Westbank sowie die Firma Schwarzkopf. Dieses Unternehmen ist Marktführer für kosmetische Mittel und hat vor einigen Jahren auf sämtliche Fluorkohlenwasserstoffe in Treibgasen verzichtet. Schwarzkopf hat die ganze Branche gezwungen, nachzuziehen. Das war für uns der Grund, mit denen zusammenzuarbeiten. Da sollte man ruhig die Kooperation suchen und nicht immer die Konfrontation.

In wenigen Tagen startet die Expedition. Wenn Sie nicht wie jener durchgeknallte Japaner versuchen, mit dem Motorrad durchs Eis zu donnern - wie wollen Sie den Nordpol erreichen?

Wir werden die Strecke mit Skiern bewältigen und einen Schlitten mit Ausrüstung und Proviant ziehen. Das ist die traditionelle Form der Fortbewegung. Versorgungsgüter werden eingeflogen, die uns entnommenen Blutproben werden ausgeflogen, ebenso wie die halbe Tonne Schnee- und Eisproben.

Interview: Petra Bornhöft