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129a-Verfahren: Beugehaft wegen Zeugnisverweigerung

Bochum (taz) - Der Bundesgerichtshof hat inzwischen in vier Fällen den Beugehaftanträgen der Bundesanwaltschaft (BAW) entsprochen und gegen vier Zeuginnen die Erzwingungshaft, die bis zu sechs Monaten andauern kann, angeordnet.

Wie berichtet, verweigern etwa zwei Dutzend Personen, die in 129a-Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung der „Revolutionären Zellen“ oder „Roten Zora“ als ZeugInnen vorgeladen wurden, jegliche Aussage. Gegen acht von ihnen hatte die BAW Beugehaftanträge gestellt, weil die Zeugenaussage „für die Fortführung des Verfahrens von ausschlaggebender Bedeutung“ sei und „kaum noch andere Beweismittel“ zur Verfügung stünden. Obgleich gegen eine Zeugin inzwischen ein eigenes 129a-Ermittlungsverfahren wegen des Aufrufs zur kollektiven Zeugnisverweigerung eingeleitet worden ist, wurde die Beugehaft angeordnet.

Der Düsseldorfer Generalstaatsanwalt sieht in einem bei der Frau gefundenen Flugblatt einen „Aufruf zur unberechtigten Aussageverweigerung“ und wertet diesen „als Unterstützung der terroristischen Vereinigung 'Revolutionäre Zellen/Rote Zora'“. Weil ihre Mandantin, so Rechtsanwältin Anne Mayer, „exakt zu mutmaßlichen Mitgliedern dieser Organisation als Zeugin Angaben machen soll“, habe sie als gleichfalls Beschuldigte „ein Schweigerecht“. Dieses Schweigerecht stehe auch den anderen drei Zeuginnen zu, denen beim Vorladungstermin die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen „Strafvereitelung“ angekündigt wurde. „Hier werden Personen“, so der Essener Anwalt Axel Nagel, „formell zu Zeugen erklärt, die inhaltlich Beschuldigte sind“. Das sei in der Nachkriegsgeschichte der BRD ein „einmaliger Fall, dessen Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann“.

Inzwischen hat sich in Bochum eine breite „Anti-Beugehaft -Bewegung“ gegründet, an der sich Autonome ebenso beteiligen wie Grüne und Jungdemokraten. Sie alle halten angesichts der Staatsschutzpraktiken in 129a-Verfahren die Aussageverweigerung für „legitim“. Für Wolfgang Cordes, Kreisvorstand der Bochumer Grünen, ist der Aufruf zur Zeugnisverweigerung ein Akt „zivilen Ungehorsams“, den „wir durchführen müssen“.

Walter Jacobs

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