Der Schuierer Hans - Ein Landrat in Wackersdorf

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(20.30 Uhr, West 3) Ein Symbol des Widerstandes - auf Urlaub. Aber selbst hier im Luftkurort Bad Reichenhall kann Hans Schuierer, der streitbare Landrat aus Wackersdorf, sein Stigma nicht abschütteln, ein verzweifelter Mahner gegen die längst Stein gewordene Wiederaufbereitungsanlage im Taxöldner Forst zu sein. Auch wir wollen ihn so sehen als Robin Hood der Oberpfalz, nicht als Erholungssuchenden zwischen Blasmusik und Kurpark-Romantik, und vermeinen in den Nebelschwaden des Dampfbades schon die Vision einer Atom -Apokalypse zu erkennen, obwohl Hans Schuierer doch nur etwas für die Fitneß unternimmt. Projektionen. Stilisierungen. Ein Held hat es schwer, nur Mensch zu sein.

Der „Schuierer Hans“, wie er sich gern von den Oberpfälzern nennen läßt, hat das Filmteam in die Abgeschiedenheit nach Bad Reichenhall bestellt, weil er hier entspannter und ausgeglichener über alles reden kann. Und doch kommen nur Phrasen. Wie tief muß der Haß gegen die WAA wirklich sitzen, wie groß ist der Vertrauensverlust gegenüber dem Staat tatsächlich, wenn ein Mann nichts an sich heranläßt und nichts aus sich herausläßt außer verbissenen Lehrsätzen über die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Gefahren der Atomindustrie.

Der Schuierer Hans - Ein Landrat in Wackersdorf ist mehr ein Film über Menschen, die über Schuierer etwas zu sagen haben, weil sie ihn zu kennen glauben, aber auch nicht mehr wissen als Gemeinplätze. Der SPD-Vorsitzende Hans -Jochen Vogel, der CSU-Politiker Otto Zeitler aus dem Kreis Schwandorf, ja selbst die Familie, alle tragen dazu bei, das Bild des in sich gekehrten Mannes zu verstärken. Einen ungeschützten Blick in sein Innerstes mag kaum jemand geben; nur in den gefilterten Versionen der Selbstdarstellung tauchen manchmal verbotene Charakterzüge auf. Hans Schuierer gönnt uns nicht einmal das.

Christof Boy