Die Früchte der Paralympics

■ Rollstuhl-Basketballer versuchen mit neuen Konzepten, ihren Platz in der Weltspitze zu festigen

Die bundesdeutsche Rollstuhl-Basketballnationalmannschaft zählte bei der Behinderten-Olympiade in Seoul zwar nicht zu den Medaillengewinnern, erkämpfte sich aber mit einem unerwarteten vierten Platz ihre bis dahin beste Plazierung bei einem paralympischen Turnier. „Mit dem Erreichen des Halbfinales haben wir den Anschluß an die Weltspitze geschafft“, kommentierte Bundestrainer Ulf Mehrens den Durchbruch. Bei aller Euphorie hatte er schon die Zeit nach den Paralympics im Blick: „Für uns kommt es jetzt darauf an, diesen internationalen Erfolg für unsere Alltagsarbeit in den Vereinen zu nutzen, der vierte Platz ist die beste Werbung für unseren Sport.“

In der Tat ist rund drei Monate nach Seoul ein Aufschwung bei den bundesdeutschen Rolli-Basketballern spürbar. „Viele neue Spieler sind zu den Vereinen gestoßen“, erzählt Mehrens, der auch die Bundesliga-Mannschaft des RSC Hamburg betreut. Genauso wichtig sei es, daß sich mehrere Sportlehrer um eine Trainerlizenz für Rollstuhl-Basketball bemühen wollen. „Selbst Reha-Kliniken sind an uns herangetreten, um Rollstuhl-Basketball in ihr Sportprogramm aufzunehmen. Diese Tendenzen“, so Mehrens, „machen Mut.“

Der frühere Basketball-Nationalspieler weiß genau, daß er auf einen soliden Unterbau für seine weitere Arbeit angewiesen ist. „Wir sind keine typische Basketballnation wie die USA oder Kanada.“ Spieltechnisch werde man auch in Zukunft nicht an deren Nationalmannschaften heranreichen können. Daher sei ein ausgefeiltes Mannschaftskonzept die einzige Chance, um sich in der Weltspitze behaupten zu können.

Neben der gezielten Trainerausbildung liegt sein Hauptaugenmerk in diesem Jahr auf den Europameisterschaften, die im September in Metz stattfinden. Erklärtes Ziel ist es bei diesen Titelkämpfen, mindestens den dritten Platz hinter Frankreich und den Niederlanden zu belegen. „Das wäre für uns eine Bestätigung unseres Erfolges aus Seoul.“

Im Vergleich zum Vorjahr liegt der Haushalt der Rollstuhl -Basketballer um insgesamt ein Drittel höher. „Diese Summen sind nicht ohne Fremdsponsoring aufzubringen“, sagt Bundestrainer Mehrens. Schon in den Vorjahren ist der 32jährige an verschiedene Ausrüsterfirmen herangetreten: „Ohne diese Unterstützung wären wir sicherlich nicht so erfolgreich gewesen.“ Mit dem Zugehen auf Sponsoren gehören die Rollstuhl-Basketballer zu den Vorreitern innerhalb des Deutschen Behinderten-Sportverbandes. Andere Sportarten folgen jetzt langsam. „Man muß klipp und klar sagen, daß diese Zusammenarbeit mit der Industrie auch zur Professionalisierung des Behindertensports insgesamt beiträgt.“

Dazu beitragen soll auch ein von Mehrens initiierter Fachausschuß. In dem 20köpfigen Gremium sitzen Trainer und Aktive zusammen, um über die Konzeption und Planung für die Nationalmannschaft zu diskutieren. Mit der Kombination aus Trainerausbildung, Sponsoring und Mitbestimmung hofft Mehrens, das Leistungsniveau im Rollstuhl-Basketball zu steigern und so der Sportart eine höhere Popularität hierzulande zu verschaffen. „Wir brauchen uns aber nichts vorzumachen: In der Bundesrepublik werden wir wohl nie wie in Seoul vor mehr als 10.000 Zuschauern spielen.“

Ralf Köpke