Erdrutsch nach rechts im Alpenland

Bei den Landtagswahlen in Kärnten, Tirol und Salzburg hohe Verluste für die beiden großen Parteien SPÖ und ÖVP / Deutlicher Sieger ist die rechtsextreme FPÖ, angeführt von Jörg Haider / Grüne schafften den Sprung in den Salzburger und Tiroler Landtag  ■  Aus Wien Martina Kirfel

Die Landtagswahlen in Kärnten, Tirol und Salzburg endeten am Sonntag mit erdrutschartigen Verlusten für die beiden großen Parteien SPÖ (Sozialistische Partei Österreichs) und ÖVP (Österreichische Volkspartei). Rücktritte in Salzburg und ein Wechsel an der ÖVP-Spitze in Wien werden nun diskutiert. Der große Gewinner des Superwahlsonntags ist die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs). In Kärnten gelang es erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik, die rechtsextreme FPÖ zur zweitstärksten Partei zu machen und damit den Landeshauptmannstellvertreter zu stellen. „Wir sind unserem Ziel, eine Mittelpartei zu werden, an diesem Sonntag einen Schritt näher gekommen“, frohlockte Jörg Haider. Das einzige erfreuliche Ergebnis des Tages: Bei einer erstaunlich hohen Wahlbeteiligung von fast 90 Prozent schafften es die Tiroler und Salzburger Grünen, in den Landtag zu kommen.

Tiefe Enttäuschung und Alarm bei Haiders politischen Gegenspielern: Die SPÖ verlor in den drei Bundesländern im Schnitt um die 3,5 Prozent und in Kärnten die absolute Mehrheit, die sie dort seit 1945 behauptet hatte. Katastrophale Einbußen erlitt die ÖVP: Sie verlor in Tirol fast 16 Prozent und damit die Zweidrittelmehrheit, in Salzburg die absolute Mehrheit. Haider, der Matador eines im amerikanischen Maßstab geführten Wahlkampfs, erzielte in der FPÖ-Hochburg Kärnten fast 30 Prozent, in Salzburg 16,4 und in Tirol 15,6 Prozent. In Kärnten ist daher theoretisch möglich, daß Haider - falls die dortige ÖVP mit der FPÖ koalieren sollte - Landeshauptmann wird. Eine „ganz normale Sache, daß zwischen den Fraktionen verhandelt wird“, betonte ÖVP-Chef Alois Mock noch am Wahlabend die grundsätzliche Bereitschaft der ÖVP zur Koalition. Keine Berührungsängste also mit einer Partei, von der ein Grazer Gerichtsurteil erst kürzlich bestätigte, daß sie an die „Instinkte ewig Gestriger“ appelliert und auf dem besten Weg ist, sich zu einer „Führerpartei“ zu entwickeln. Auch die SPÖ zeigte sich, zumindest auf Landesebene, verhandlungsbereit. Bundeskanzler Vranitzky schloß lediglich auf Bundesebene eine Regierungsbildung mit der FPÖ aus. SPÖ-Zentralsekretär Josef Cap bedauerte, mitansehen zu müssen, wie der „Koalitionspartner (ÖVP) zerrinnt“, und betonte, daß, falls die Kärntner SPÖ mit Haider zusammengehen wolle, in Wien „viel diskutiert werden muß“. Die Reaktion der Opposition auf das Wahlergebnis war mehr als flau. Es kam zu keiner Demonstration. Statt dessen diskutierte der Republikanische Club, der anläßlich der Waldheim-Debatte gegründet worden war, im Cafe Hebenstreit. Viele freuten sich über die Verluste der ÖVP und begrüßten das „neue Reizklima“ in der Parteienlandschaft. Wenige, darunter Peter Kreisky, Sohn des Exkanzlers, und einige Vertreter jüdischer Organisationen, zeigten Betroffenheit und mahnten, nicht in den alten Fehler der Linken zu verfallen, dem Rechtsextremismus tatenlos zuzusehen.