Frankfurts „neue Kraft, die Ordnung schafft“

Ein „herzliches Dankeschön“ richtete der frischgebackene Römer-Abgeordnete von der NPD Winfried Krauß (42) an die „Freunde von der CDU“. Mit ihrem Wahlkampf - so die Analyse der NPD - hätten die Christdemokraten die Argumente der „Nationalen Demokraten“ erst salonfähig gemacht. Der Danksagung von Krauß folgte denn auch gleich das „Angebot zur Zusammenarbeit“ an die Adresse der Frankfurter CDU. Beide Parteien bildeten schließlich die Opposition im Stadtparlament, „und da gibt es doch mehr als nur punktuelle Gemeinsamkeiten“.

Die NPD platzt nach ihrem Frankfurter Wahlerfolg in ihrem schäbigen Kellerlokal „Hinter der schönen Aussicht“ vor Selbstbewußtsein aus allen Nähten. Der auf der Pressekonferenz das Wort führende Krauß kündigt - flankiert von der „braunen Uschi“ Gerhold (33) und der 21jährigen Christine Ringmayer - einen „nationalen Kandidaten“ für das Amt des Frankfurter Oberbürgermeisters an. Die NPD hofft auf „Unterstützung von anderen Abgeordneten“, denn schließlich gebe es auch innerhalb des Parlaments „Proteststimmen“.

Der Sprecher der Bundes-NPD Karlheinz Vorsatz legte gestern Wert auf die Feststellung, daß die NPD „mit dem Dritten Reich nichts zu tun“ habe. Vorsatz: „Wir stehen in der Tradition von 1848.“ Die Partei sei heute die „demokratische Ausformung nationalen Gedankengutes“ und stehe zu diesem Staat und zur Demokratie. Daß am Wahlabend Skinheads und Neofaschisten aus dem Umfeld der inzwischen verbotenen „Nationalen Sammlung“ (N.S.) des Michael Kühnen vor dem NPD -Keller aufgetaucht waren, hält Vorsatz für einen „Provokationsversuch“. Kühnens „Idiotentruppe“ (Vorsatz) sei just zu dem Zeitpunkt aufmarschiert, als das ZDF die Parteizentrale der Frankfurter NPD filmte - „und deshalb bin ich sicher, daß die Mainzer daran gedreht haben“.

„Die neue Kraft, die Ordnung schafft“ - so ein Wahlslogan der NPD - träumt sich ein Frankfurter Ghetto für die türkischen BürgerInnen der Stadt, orientiert am „Modell Soho“. Die NPD sei nämlich „nur für Ausländerstopp und nicht für Ausländerrückführung“. Ihr deshalb Ausländerfeindlichkeit zu unterstellen, sei „schizophren“ (Krauß). Gerade zur Türkei und zu den Türken gebe es „historische Verbindungen“. Auf den Zwischenruf: „Zu den grauen Wölfen!“ reagiert Krauß prompt: „Sind das etwa keine Türken?“

Die 6,6 Prozent Stimmen, die die NPD in Frankfurt bekommen hat, trösteten die alten und neuen Rechtsradikalen der „Nationalen Demokraten“ über die klare Niederlage gegen die „Republikaner“ hinweg. Denn dort, wo die zur Wahl antraten, haben sie die NPD weit hinter sich gelassen. Im Rheingau -Taunus-Kreis sahnte die „rechtsstehende, national -konservative Partei der Republikaner“, so ihr hessischer Vorsitzender Fuchs, kräftig ab. 10.307 RheingauerInnen (10,5 Prozent) votierten für sie - die NPD kam auf magere 1,6 Prozentpunkte.

Auch im Wetteraukreis schaffte die NPD nicht den Sprung über die Fünfprozenthürde (4,7). Die „Republikaner“ kamen dagegen auf 7 Prozent und sitzen ab sofort im Kreistag von Friedberg, vor den Toren Frankfurts. Nur zum Vergeich: Im Wetteraukreis erhielten die Grünen nur 6,5 Prozent der Stimmen. In der Wetterauer Kommune Wölfersheim erzielte dagegen die NPD hessenweit ihre bestes Ergebnis. 17,5 Prozent stimmten für die „Nationalen Demokraten“, die dort schon bei der Kommunalwahl 1985 mit 11 Prozent dick im politischen Geschäft waren. Die Grünen flogen dort aus der Gemeindevertretung. Das „strikte Nein zum Ausländerwahlrecht“ in Kombination mit einer „verunsicherten Bergarbeiterschaft“ - in Wölfersheim wird die unattraktive Braunkohle abgebaut - habe die NPD in „luftige Höhen“ aufsteigen lassen, so der örtliche NPD-Vorsitzende Sachs.

Auf der Pressekonferenz in Frankfurt wich NPD-Sprecher Vorsatz der Frage nach der „Vorherrschaft bei den Rechten“ noch aus. Es sei nach wie vor Ziel der NPD, auch die „Republikaner“ in ein „Bündnis der nationalen Kräfte“ einzubinden, wie es bereits zwischen NPD und DVU bestehe. Und das schmale Bürschlein, das den NPD-Partner DVU vor den Journalisten vertrat, beeilte sich zu erklären, daß die DVU „gut gerüstet“ in die Europawahlen ziehen werde.

Im Juni wird sich dann wohl endgültig entscheiden, unter welcher Flagge die vereinigten Rechten 1990 zu den Bundestagswahlen antreten werden: Sollten die „Republikaner“ das Bündnis NPD-DVU klar schlagen, werden die „Nationalen Demokraten“ wohl bei Schönhuber um Aufnahme betteln. Entsprechendes wollte die NPD gestern in Frankfurt „nicht generell ausschließen“. Ein Patt bei der Europawahl würde dagegen die Vorstellungen des NPD-Vorsitzenden Mußgnug stützen, der von einer „Volksunion“ aller drei rechten Parteien träumt.

Noch wehrt sich der hessische REP-Vorsitzende Erich Fuchs gegen eine vorzeitige Umarmung durch den NPD-Vorsitzenden Mußgnug. Die „Republikaner“, so Fuchs, seien schließlich eine „verfassungskonforme Partei“ und würden - im Gegensatz zu NPD und DVU - nicht vom Verfassungsschutz kontrolliert. Deshalb seien sie auch „koalitionsfähig - vor allem mit der CDU“. „Wenn Sie uns einordnen wollen, dann nehmen Sie zur Kenntnis, daß uns ein Jörg Haider in Österreich näher steht als ein LePen in Frankreich.“

Was Michael Kühnen mit seiner neonazistischen Truppe in der südhessischen Kleinstadt Langen bei den Kommunalwahlen hätte erreichen können, wenn die N.S. nicht kurz vor den Wahlen verboten worden wäre, demonstrierte die Partei „Die Deutschen“ am Sonntag in der Weinstadt Hochheim am Main. Dort kamen die Neonazis, die mit Kühnens Leuten in Langen liiert sind, aus dem Stand auf 5,8 Prozent der Stimmen. Die „revolutionäre Rechte“ (Kühnen) hat damit zwei Sitze in einem bundesdeutschen Kommunalparlament.

Klaus-Peter Klingelschmitt