Fünf SPD-Frauenpolitikerinnen für Berlin

■ Die künftigen SPD-Senatorinnen: Heidi Pfarr, Barbara Riedmüller, Anke Martiny, Jutta Limbach und Ingrid Stahmer

(Berlin taz) - Schau eine an: Mit fünf Kandidatinnen für künftige Senatorinnen in Berlin hat die SPD nun doch für eine Überraschung gesorgt. Sie hat nicht nur das selbstgesteckte Partei-Soll von 40 Prozent übererfüllt, sie hat sogar Frauen ernannt, die allesamt in frauenpolitischen Fragen engagiert sind.

Der frauenpolitische Star in der neuen Riege ist die 44jährige Heide Pfarr, Professorin für Arbeitsrecht und mehrere Jahre Vizepräsidentin an der Hamburger Universität. 1972 trat die eloquente Juristin in die SPD ein, 1983 war sie bereits für das Schattenkabinett von Björn Engholm vorgesehen. In Berlin wird sie nun das eher unauffällige Ressort Bundesangelegenheiten übernehmen. Heide Pfarr ist eine überzeugte und überzeugende Verfechterin der Quote und hat auch in autonomen Frauenkreisen für ihre Kompetenz und Ausstrahlung Anerkennung und Respekt gefunden. In der Berliner Gerüchteküche war sie als Kandidatin für den Wissenschaftssenat gehandelt worden - in der Frauenszene galt sie dafür geradezu als „Traumfrau“.

Diesen Posten wird voraussichtlich nicht der SPD -Landespolitiker Kremendahl, sondern die Vizepräsidentin der Freien Universität, Barbara Riedmüller, bekommen. Frauen und Sozialpolitik sind die Forschungsschwerpunkte der 43jährigen Politologin, die nach Professuren in München und Bielefeld schließlich in Berlin eine schnelle hochschulpolitische Karriere machte. Im vergangenen Jahr wurde sie auf die „Frauenprofessur“ des Otto-Suhr-Instituts berufen und kurze Zeit danach zur Vizepräsidentin gemacht. Im StudentInnenstreik der vergangenen Monate hielt sie sich eher bedeckt; StudentInnen machten ihr den Vorwurf, dem umstrittenen FU-Präsidenten Heckelmann die „Stange gehalten zu haben“. Barbara Riedmüller ist seit 1981 SPD-Mitglied und leitete in München den Arbeitskreis Sozialpolitik.

Den Posten der Kultursenatorin wird die bayerische Bundestagsabgeordnete Anke Martiny erhalten. Als ihre „drei Berufe“ nennt die gestandene SPD-Politikerin, die für Berlin schon einmal unter dem glücklosen Hans Apel im Gespräch war, Journalistin, Hausfrau und Politikerin. Ihrem Buch „Wer nicht kämpft, hat schon verloren - Frauen und der Mut zur Macht“ konnte die Leserin entnehmen, daß sich Anke Martiny schon mit 17 Jahren sich für Macchiavelli interessierte, aber immer ein „gespaltenes Verhältnis“ zur Macht gehabt habe. Anke Martiny ist wie Heide Pfarr eine engagierte Frauenpolitikerin, bisweilen mit der Neigung, das andere Geschlecht zum Besseren zu mystifizieren. Da sie auch über Themen wie die „Sprache der Herrenkultur“ und die „Mißachtung der weiblichen Kreativität“ räsonnierte, darf man und frau gespannt sein, welche Akzente sie in der Kulturpolitik setzen wird. Immerhin ist in den Koalitionsvereinbarungen ja auch ein Kulturzentrum für Frauen fest versprochen.

Für das von vielen Seiten umworbene Justizressort ist jetzt die Berliner Professorin Jutta Limbach vorgesehen. Am Fachbereich Jura der Freien Universität ist sie seit 1970 die einzige Professorin. Ihr Arbeitsbereich umfaßt Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht und die Rechtssoziologie. Die 55jährige ist seit 1962 in der Partei und seit 1987 Mitglied der Kommission für Innen- und Rechtspolitik beim SPD-Parteivorstand. Jutta Limbach hat zu der juristischen Seite von Frauenförderung und Quoten gearbeitet und in der Männerdomäne Jura Forschungsprojekte, Lehraufträge oder Examensarbeiten zu frauenspezifischen Fragestellungen unterstützt.

Mit Ingrid Stahmer ist als künftige Senatorin für Gesundheit und Soziales eine langjährige Berliner SPD -Politikerin zum Zuge gekommen. Seit 1985 ist die 47jährige Sozialarbeiterin und Psychologin stellvertretende Landesvorsitzende. Im Bezirk Charlottenburg arbeitet sie seit 1981 als Sozialstadträtin und war nach der Wahl vom 29.Januar als Bezirksbürgermeisterin vorgesehen. Sie hat sich für eine bessere Situation in Altenheimen und Kindergärten eingesetzt und nicht zuletzt ist auch sie für ihr frauenpolitisches Engagement bekannt. Als streitbare und geradlinige Frau hat sie sich in der Berliner Lokalpolitik viele Sympathien erworben.

Helga Lukoschat