Bayerns Freiheitsrechte im Polizeigriff

CSU setzt Verschärfung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes durch / Bayerischer Landtag verabschiedet Gesetzesänderung / Die bayerische „Vorbeugehaft“ wird damit auf zwei Wochen verlängert  ■  Aus München Luitgard Koch

Nach einer heftigen Debatte hat die CSU-Mehrheit im bayerischen Landtag gestern die umstrittene Verschärfung des bayerische Polizeiaufgabengesetzes (PAG) durchgesetzt. Kern der Gesetzesänderung ist der scharf kritisierte „Unterbindungsgewahrsam“ - wie die Vorbeugehaft in der Amtssprache euphemistisch genannt wird - für mutmaßliche „Störer“. Statt wie bisher 48 Stunden wird die Polizeihaft auf zwei Wochen ausgedehnt. Hartmut Bäumer von den Grünen nannte das Gesetz im Landtag „Gesinnungsgewahrsam“.

Aber nicht nur diese spektakuläre Verlängerung der Vorbeugehaft wird jetzt in Bayern möglich. Der von einer Polizeihaft bedrohte Personenkreis ist außerdem erheblich erweitert worden. Nach den im Katalog des Gesetzes aufgeführten Beispielen droht die „Verdachtshaft“ auch jenen, deren „Begleitperson Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände“ mitführen. Um in Polizeihaft genommen zu werden, reicht es bereits aus, verdächtige Transparente oder Flugblätter „in einer Menge, die zur Verteilung geeignet ist“, bei sich zu haben. Für zwei Wochen hinter Gittern gebracht werden darf demnach jeder, der „in der Vergangenheit be reits mehrfach als Störer aufge fallen ist“.

Auch das Streikrecht bei Arbeitskämpfen ist von dieser einschneidenden Änderung betroffen.

Schon wenige Monate nach Bekanntwerden der Pläne der bayerischen Staatsregierung formierte sich ein breites „Aktionbündnis“ gegen das CSU-Vorhaben. Alles, was in Bayern links von der CSU ist - Grüne, SPD, FDP, DGB und kritische Richter, Staats- und Rechtsanwälte -, schloß sich zusammen, um diese Aushöhlung der Grundrechte zu verhindern. Auf den Expertenanhörungen der Oppositionsparteien SPD und Grüne wurde das Gesetzesvorhaben immer wieder als verfassungswidrig angeprangert. Während für die Kritiker die Stoßrichtung, nämlich die Demonstranten gegen die „Oberpfälzer Atommüllfabrik“ einzuschüchtern, klar ist, argumentiert die CSU vor allem mit dem bevorstehenden 100. Geburtstag Hitlers und den zu erwartenden Aktivitäten von Neonazis.

Auf diesem Umweg der Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes hat die bayerische Staatsregierung ihre immer wieder erhobene Forderung nach Verschärfung des „Landfriedensbruchparagraphen“ (§ 125 STGB) jetzt doch durchgezogen.