MAX ERNST MACHT SPASS

■ Sputnik am Südstern zeigt Filme über Kunst & Künstler: Max Ernst und Gilbert & George

Max ernst gilt als größter Spötter und Poet unter den modernen Künstlern. Auf die Frage: „Was halten Sie von Kant?“ antwortete er: „Der nackte Körper einer Frau ist weiser als die Lehre des Philosophen.“

Und so ist es auch um die Weisheit dieses Films bestellt: keine heiligsprechende Stimme des Kommentators breitet aus dem Off über die Bedeutung des Künstlers, am „Ursprung“ der „Moderne“ wohlmöglich, die Arme aus oder verkündet ähnlich Grundsätzliches, wie es seit Jahren aus den Videorecordern in der Pädagogik-Ecke der Museen scheppert.

In den drei kurzen Filmen, die Peter Schamoni in den sechziger Jahren über und mit Max Ernst gedreht hat, kommt dieser selbst zu Wort. Er rezitiert das Gedicht „Wieviel Farben hat die Hand“, begeistert sich noch einmal für den unkonventionellen Sternenforscher Ernst Wilhelm Lebrecht Tempel in „Die widerrechtliche Ausübung der Astronomie“ und experimentiert begeistert mit dem Medium Film. Max Ernst vermischt und identifiziert sich selbst mit dem, was er zeigt. Paul Eluard nennt ihn die Brücke zwischen Dichtung und Malerei. Man sieht den „Erfinder der Collage“ im Film bei der Arbeit. Und entdeckt dann, daß seine Frottagen, bei denen er die hervorgehobene Struktur des organischen Materials (Holz, Farnstengel, Blätter) bei der Darstellung anorganischer Dinge einsetzt, genau so funktioniert wie eine Schlüsselsequenz im „L'age d'or“, dem Surrealistenfilm von Luis Bunuel. Natürlich kennen sich mal wieder alle, und Max Ernst hat ein Gruppenbild der Surrealisten in der Manier von Leonardo da Vincis „Abendmahl“ gemalt und 1930 bei Bunuel mitgespielt. Er gehört zur Gruppe der schlaksigen Banditen, die die Päpste von ihrem Sitz auf dem Gipfel des Granitberges herunterholen wollen. Jetzt scheint mir klar, warum das in „L'age d'or“ nicht gelingen konnte, die kirchlichen Würdenträger hatten sich wie die Herbstblätter auf den Frottagen Ernsts bereits vom Organischen zum Anorganischen verwandelt.

Diese knappe Stunde über Max Enrst zeigt ein Leben mit so vielen Neuanfängen und Stationen, daß man kurz in Zweifel zieht, ob ein Mensch allein dies alles in seinem Leben erlebt haben könnte. Und sie zeigt die ungebremste Experimentierlust des Künstlers. Ihn bei der Arbeit zu beobachten, wie er eine Collage erstellt, die verschiedenen Objekte - Käfig und Vogel zählen zur Stammbesetzung - neu gruppiert, und zielstrebig mit den Ausdrucksmöglichkeiten der wenigen Objekte spielt, das zählt zu den spannendsten Momenten dieses Kunstfilms.

Parallel dazu läuft ein anderer Kunstfilm über die zwei berühmten Londoner G + G: „The World of Gilbert & George“.

Statt der Bilder ein Dialog: George: „Wie wollen wir den Tag verbringen, Gilbert?“ Gilbert: „Im Augenblick verbringen wir ihn damit, unsere Wand anzustarren. Bist du müde?“ George: „Nein. Ich bin nicht müde. Gehen wir in die Stadt, eine Vase kaufen?“

Susanne Raubold

Olaf und Jules in England, in den gleichen schlecht sitzenden grauen Anzügen laufen ab heute bis 22. März um 20.30, dann bis zum 29. März um 19 Uhr im Sputnik Südstern. Max Ernst ab heute bis zum 22. März um 19, dann ab dem 23. bis zum 29. März um 20.30. Uhr.