Auf den Fluren ist es ruhig

■ Am Freitag übergibt Starnick (FDP) die Amtsgeschäfte an die neue AL-Senatorin Schreyer / Angst vor dem rot-grünen Chaos hat die Umweltbehörde nicht

Das Plakat hängt in einem Flur der von FDP-Senator Starnick geführten Umweltbehörde: „Der korrupte Senat ist abgewählt“, verkündet es, „Rot-grün hat die Mehrheit“. Noch vor einigen Wochen wäre das Plakat nicht geduldet worden. Heute sieht das anders aus. Am Freitag früh übergibt Starnick die Amtsgeschäfte seiner AL-Nachfolgerin Michaele Schreyer vorausgesetzt, sie wird heute gewählt.

Aufgeregtheit ist in den Fluren der Behörde in der Lindenstraße nicht zu bemerken. Senatsdirigent Karl Heinz Wuthe hat keine Angst vor dem links-alternativen Chaos. „Ich bin jetzt seit 20 Jahren Abteilungsleiter. Ich habe schon viele Senatoren erlebt“, sagt Wuthe. AL-Mitglieder, von denen es unter den etwa 700 Mitarbeitern der Behörde einige gibt, kennt der Abteilungsleiter schon lange. Zu einigen hat er sogar ein „vertrauensvolles Verhältnis“.

Ähnliches kann FDP-Staatssekretär Jochen Koch nicht von sich behaupten. Die AL hatte sich in den Koalitionsgesprächen von der SPD aufschwatzen lassen, Koch auf seinem Posten zu lassen. Ein freundliches Signal an die FDP sei das gewesen, schätzen Insider. Doch viele SPD- und AL-Mitarbeiter der Behörde sehen seitdem rot. Gleich am Freitag wollen sie Frau Schreyer mit einem Bittbrief überraschen und Kochs Abgang fordern. Der rechte FDP -Politiker könne kaum glaubwürdig eine neue Politik vertreten. Koch selbst sieht das nicht viel anders, heißt es. Der 47jährige Politiker will dem Vernehmen nach Frau Schreyer anbieten, in den Ruhestand zu gehen.

Auf die behördentypische „Abwehrhaltung“ müssen sich Michaele Schreyer und Staatssekretär Klaus Groth in manchen Abteilungen der Umweltverwaltung sicherlich einstellen: gegen Neuerungen schützen Beamte gerne Sachzwänge vor. Regelrechte Obstruktion habe die neue Spitze dagegen wohl kaum zu befürchten, heißt es. Im Gegenteil: „Komische Dinge“ registrieren manche AL-Angestellte in der Verwaltung. Alte SPD-Beamte haben plötzlich ihr Parteibuch wiederentdeckt und fallen den alternativen Kollegen geradezu um den Hals.

Wuthe glaubt jedoch nicht, daß die neue Spitze des Hauses mehr als „Akzentverschiebungen“ verordnen kann. Bisher hat er mit einer FDP-Spitze versucht, die Bauwut der CDU -Bauverwaltung zu bremsen. Jetzt wird er für eine AL-Behörde ähnliche Konflikte mit dem SPD-Bausenator „nicht vermeiden können“. Und nicht nur mit dem. Als ersten Schritt planen die AL-Mitglieder in der Behörde, die Zuständigkeit für den „Stadtentwicklungsplan Verkehr“ wieder der Verkehrsbehörde zu entreißen. Den künftigen SPD-Verkehrssenator Wagner beäugen die Umweltplaner mißtrauisch. Ihm möchten sie mit eigenen verkehrspolitischen Konzepten Paroli bieten. Schon im April wollen sie mit einer Änderung des Flächennutzungsplans beginnen. Die Nord-Süd-Straße, die Autobahn Neukölln und die B101 sollen aus den Plänen rasch verschwinden - bevor Wagner den Einflüsterungen der Bauwirtschaft erliegt. Ein Planer: „Wenn wir das nicht in diesem Jahr schaffen, ist es zu spät.“

hmt