Schwarzweißes im Buntfernsehen

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(Lars Beckers „Kalte Sonne“, Di., 14.3., 22.40 Uhr, ZDF) Der schwarze Mann strahlt mit blendend weißen Zähnen, hat stets ein Lied auf den Lippen, obzwar er in höchst bescheidenen Verhältnissen lebt. Der weiße Mann watschelt grimmig durch die Hallen seiner Villa und trachtet dem schwarzen Mann nach dem Leben. Beide sind Südafrikaner. Beide leben weit vom Apartheidstaat entfernt im kalten Hamburg, beide nicht freiwillig. Desmond, der Schwarze, ist vor der Rassenverfolgung geflüchtet, hat in Hamburg eine weiße Frau und ein Kind, ist Musiker, schrubbt in einer Kneipe in St.Pauli das Parkett und zeigt jedem bereitwillig seine Papiere, der sich als Bulle ausgibt. Van Vliet, der Weiße, ist Konsul seines Landes in der Hansestadt, abgeschoben ins politische Abseits, weil er es zu Hause als Polizeichef gar zu grausam getrieben hat.

Zwischen den beiden Männern muß es zum Showdown kommen in dem Film des Hamburger Kunsthochschulabsolventen Lars Becker. Desmond (Ronny Mkwanazi) taugt so schön zum Opfer, der Konsul (Schauspielhaus-Zausel Uli Wildgruber) ist der Bilderbuchbösewicht. Während der Schwarze mit den Seinen beschauliche Eintracht in einer Elmsbütteler Neue-Heimat -Küchenzeile lebt, im Club Ethno-Musik, die die Kiez-Yuppies goutieren, spielt und nekrophilen Übergriffen standhält, brütet der Weiße an der Elbchaussee dunkle Waffengeschäfte aus, schickt seine Killer zum Blutbad in die schwarze Kolonie und verteidigt im Freihafen ganz nebenbei noch unter den Anfechtungen der Boykottbewegung und umringt von (tatsächlichen) taz-Fotografen den Früchteimport vom Kap.

Eine veritable Kriminalgeschichte mit politischer Botschaft also, wie von Eric Ambler gestrickt. Das mögen wir Fernsehkonsumenten, die nach dem Triumph der Unterdrückten lechzen. Auch wenn der Triumph im aufrechten Untergang besteht.

Und wenn Jungfilmer Becker jetzt noch lernt, verständliche Dialoge zu inszenieren, einen Spannungsbogen aufzubauen, seine Bilder miteinander zu verknüpfen, also einen richtigen Spielfilm zu drehen, werden wir künftig von Peter Strohm lassen und zu ihm überlaufen. Denn, das sei dem Debütanten ins Drehbuch geschrieben, die Welt ist voller Widersprüche wie ein spannender Krimi. Da hilft auch nicht, daß Konsul Wildgruber zu guter Letzt - der Showdown ist, wie gesagt, unausweichlich - den Irren herauskehrt und von seinen eigenen Leuten niedergestreckt wird - gemeinsam mit dem schwarzen Widersacher; und da hilft auch der Kunstgriff zur Authentizität nicht (Nachrichten im Autoradio: „Der von Bürgermeister Voscherau angeforderte Bericht über Aids in der Hafenstraße wurde heute der Sozialbehörde übergeben...“). Es gilt die uralte Binsenweisheit: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.

Michael Berger