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Strobl-Richter lehnt Haftentlassung ab

Antrag der Verteidigung von Ingrid Strobl zurückgewiesen / Zeugenaussagen hatten zahlreiche Fehlerquellen des BKA-Weckerprogramms aufgedeckt / Gericht behält sich Nachermittlung zum Emes-Wecker vor  ■  Aus Düsseldorf Gitti Hentschel

Mit dem Antrag der Verteidigung, ihre Mandantin sofort aus der Haft zu entlassen, weil „dringender Tatverdacht nicht mehr gegeben“ sei, endete am Dienstag der 9.Verhandlungstag im Prozeß gegen die 36jährige Journalistin Ingrid Strobl vor dem 5.Strafsenat des Düsseldorfer Oberlandgerichts. Gestern lehnte das Gericht die Haftentlassung ab.

Schlüssig hatten die beiden RechtsanwältInnen Hartmut Wächtler und Edith Lunnebach dargelegt, daß die Grundvoraussetzungen der Anklage - daß ein von der Journalistin gekaufter Wecker bei einem Anschlag der „Revolutionären Zellen“ benutzt worden sei - nach der bisherigen Beweisaufnahme nicht mehr aufrechtzuerhalten seien. Teile des Weckers der Marke Emes mit der Nummer 6457 waren nach einem Anschlag auf die Lufthansa in Köln am 28.10. 86 dort gefunden worden. Diesen Wecker soll Stobl gekauft haben; das jedenfalls behaupten BKA-Beamte aufgrund ihres „Wecker-Programms“, mit dem sie Emes-Wecker numeriert und registriert haben.

Doch anhand von Zeugenaussagen wies Wächtler am Dienstag zahlreiche „Fehlerquellen“ des Programms nach, die es zur Beweisführung gegen die Journalistin untauglich machen würden. So hatte ein 59jähriger Uhrmachermeister, der bei der Uhrenfirma Emes das BKA-Wecker-Programm überwacht hatte, beschrieben, wie vom BKA numerierte Ziffernblätter in die Uhren gebaut wurden. Zur Identifizierung der numerierten Wecker hatte das BKA ebenfalls numerierte Aufkleber mitgeliefert, die auf die Verpackung der Wecker zu kleben waren. Nur eine Person machte diese Verpackungsarbeit. Kontrollen, die eine Verwechslung von Nummern auf der Verpackung ausgeschlossen hätten, gab es nach Angaben des Zeugen nicht. Er selbst habe gelegentlich „Stichproben“ durchgeführt. „Was sagen 100 Stichproben bei 7.000 Nummern aus?“ fragte Rechtsanwalt Wächter. Eine hier entstandene Verwechslung sei nicht feststellbar und nicht mehr zu korrigieren.

Weitere Fehlerquellen zeigte Edith Lunnebach bei der Registrierung der Wecker im Uhrengschäft Wempe auf. Dort wurden die BKA-Aufkleber zur Zuordnung der KäuferInnen zu bestimmten Weckernummern durch eigene Etiketten ersetzt. Zwar wollen BKA-Beamte hier das Nummern-Abschreiben kontrolliert haben, doch davon weiß das Personal nichts. Beim Verkauf des Weckers an Strobl will zwar der stellvertretende Geschäftsführer die Nummer des Etiketts notiert haben, doch er konnte sich an nichts weiter bei diesem Verkauf erinnern. Und das Etikett, das aufbewahrt werden sollte, ist weg, jede Überprüfung unmöglich.

Bei so vielen Fehlerquellen konnte ihrer Mandantin leicht ein falscher Wecker zugeordnet werden, so das Resümee der Verteidigung. Der Vorsitzende Richter Arend zeigte sich nach dem Antrag von der Argumentation beeindruckt und bescheinigte den AnwältInnen (als Lob gemeint) eine an „Sachargumenten“ ausgerichtete, „klassisch strafprozessuale“ Verteidigung. Dennoch wies das Gericht gestern den Antrag auf Haftentlassung zurück. Seit der Haftprüfung im September vergangenen Jahres habe sich nichts geändert. Weiterhin bestünde dringender Tatverdacht, der insbesondere durch Aussagen von BKA-Beamten gestützt würde. Obwohl das Gericht keinen Anhaltspunkte entdecken konnte, daß Wecker vertauscht wurden, behielt es sich weitere Nachermittlungen vor. Insbesondere sollen Verpackung, Lagerhaltung und der Vertrieb der Emes-Wecker recherchiert werden.

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