Und es bewegt sich immer noch nichts

■ Die erste staatliche Reaktion auf den RAF-Hungerstreik: SPD-Minister Krumsiek (NRW) bleibt steinhart

Während der SPD-Bundestagsabgeordnete im taz-Interview die Isolation von Gefangenen „auf Dauer unmenschlich“ nennt, ist Nordrhein-Westfalens Justizminister Rolf Krumsiek zu keinem Zugeständnis an die Gefangenen bereit. „Unmenschlich“ ist für ihn allein der Hungerstreik. Nachs sechs Wochen haben sich der angekündigten „Hungerstreik-Kette“ gestern zwei weitere Gefangene angeschlossen.

Der nordrhein-westfälische Justizminister Rolf Krumsiek (SPD) hat am Mittwoch die Forderung der hungerstreikenden RAF-Gefangenen nach Zusammenlegung rundweg abgelehnt. Es gebe für die Gefangenen „nur eine echte Chance: die Begnadigung bzw. die vorzeitige Entlassung. Das setzt voraus, daß der Verurteilte einen Ausweg aus der Verstrickung in den Terrorismus findet“.

Dazu müßten sich die Verurteilten „aus dem Beziehungsgeflecht in dem Umfeld“ und aus den „vielfältigen Zwängen, die zwischen den Mitgliedern der terroristischen Gruppierungen auch noch in der Haft wirken“, lösen. Nur über eine Trennung könnten sich einzelne Häftlinge „dem stabilisierenden psychologischen Gruppendruck der Gesinnungsgenossen entziehen“. Eine Zusammenlegung stehe dieser Linie, die sich in einer Vielzahl von Fällen bewährt habe, entgegen.

Darauf angesprochen, daß selbst Verfassungsschutzexperten intern eine Zusammenlegung in mehrere Gruppen gefordert haben, sagte Krumsiek, die „Sicherheitsseite“ sei über den Vollzug „nicht so im Detail informiert“ und habe deshalb solche Vorschläge gemacht. Die Erfahrung in NRW zeige jedoch, daß nur die „Trennung“ zur Loslösung von der RAF führe. Das Vorgehen der Gefangenen, mittels Hungerstreik die Zusammenlegung zu erreichen, bezeichnete Krumsiek, der mit seiner Pressekonferenz das staatliche Schweigen seit Beginn des Hungerstreiks erstmals durchbrach, als „unmenschlich“. Er stehe aber weiter für „Gespräche“ zur Verfügung.

Erst am Montag dieser Woche war ein geplantes Gespräch zwischen dem Minister und den RAF-Gefangenen Christa Eckes, die sich seit 43 Tagen im Hungerstreik befindet, und Adelheid Schulz, die gestern erneut in den Hungerstreik eintrat, geplatzt. Dazu Krumsiek: „Während meines Aufenthaltes in der Kölner Haftanstalt sind die Gesprächsbedingungen von seiten der Gefangenen so abgeändert worden, daß das Gespräch nicht mehr stattfinden konnte.“ Näheres wollte der Minister dazu nicht sagen.

Ausführlich schilderte der Minister dann die Haftbedingungen für Christa Eckes in Köln. Frau Eckes habe täglich eine Stunde „Gemeinschaftshofgang“, könne am Gemeinschaftsgottesdienst teilnehmen, habe „Umschluß (Aufenthalt in einem Haftraum von Mitgefangenen)“ und „Aufschluß (d.h. Aufenthalt außerhalb des Haftraumes)“. Während der Aufschlußzeiten - „werktags von 6.00 bis 7.00 Uhr, 11.45 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 21.00 Uhr, am Wochenende von 11.45 bis 20.30“ - könne sich Frau Eckes „mit anderen Gefangenen im Hafthausflur treffen und frei bewegen, die dort eingerichtete Teeküche sowie einen weiteren Freizeitraum mit Plattenspieler und Sitzgelegenheiten benutzen“.

In den „letzten 13 Monaten“ habe Christa Eckes „917 Briefe abgesandt, 967 Briefe erhalten, 81mal Besuche gehabt, dabei 47mal von Verteidigern“. In ihrer Zelle habe sie 30 Bücher, Radio, und sie beziehe mehrere Tageszeitungen. Er lege diese detaillierte Bilanz vor, so Krumsiek, weil die Gefangenen von Isolationshaft sprächen. Der Minister wörtlich: „Ein demokratischer Staat kann und darf sich nicht Isolationshaft leisten, und Isolationshaft gibt es in NRW auch nicht.“

Tatsächlich sind die Haftbedingungen auch in NRW von Knast zu Knast verschieden. Während es in Köln nach Angaben von Anwälten Aufschluß zeitweise auch für Adelheid Schulz gibt, bleibt dieser z.B. der RAF-Gefangenen Ingrid Jakobsmeier in Bielefeld-Brackwede versagt. Und während andere Strafgefangene die knastübliche Arbeit außerhalb der Zelle verrichten, ist in Bielefeld vorgeschrieben, daß Frau Jakobsmeier „nicht außerhalb ihres Haftraumes beschäftigt werden darf“. Sie ist nach Auskunft ihres Anwaltes tatsächlich 23 Stunden am Tag in ihrer Zelle isoliert, abgesehen von der überwachten zweistündigen Besuchszeit pro Monat und den Anwaltsbesuchen, die hinter Trennscheibe stattfinden.

Walter Jakobs