: Reck gegen die Mafia
■ Mailand gewinnt 1:0 vor 72.000 zahlenden Tifosi / Elfmetergeschenk versaute Werder die Lasagne / Insalata Mista im Sturm, Olivetti Reck hatte alle Hände voll
Die erste Enttäuschung mußte Werder-Coach Otto Rehhagel bereits vor dem Anpfiff hinnehmen: statt die reservierten Plätze in der Mailänder Scala einzunehmen („Don Giovanni“), tummelte sich die Hälfte der Bremer Truppe in einem Nachtclub („Sabrina“) in Mailands berühmt-berüchtigter Via Manzoni. „Lieber ein Mailänder Spatz in der Hand als irgend 'ne Mona Lisa aufm Dach“, kommentierte Jonny Otten die Mannschaftsentscheidung.
Aber spätestens mit dem Anpfiff des schottischen Schiedsrichtergespanns denkt wohl niemand mehr an Ornella, Bianca, Raffaela und Domenica. Denn schon nach drei Minuten hat die Bremer Hintermannschaft wieder
alle Hände voll zu tun. Der AC Mailano geht wie erwartet in die Offensive. Baresi, Evani, Donadoni und Maldini Direktspiel über quattro Stationi wie aus dem Fußballehrbuch: der intalienische Meister läßt Ball und Gegner laufen.
Als Dreh-und Angelpunkt erweist sich immer wieder der Neueinkauf Giorgio Smith, ein Mann, den die Bremer offenbar nicht auf der Rechnung haben. Wer hätte gedacht, daß der wendige Allrounder aus Schottland in seinem ersten internationalen Einsatz für den AC Mailano gleich so auf
trumpfen würde. Kein Wunder, daß Gunnar Sauer ausgerechnet gegen Smith nach 35 Minuten die Notbremse ziehen muß: o rigore, o inganno! Alle Proteste nützen nichts, van Basten verwandelt eiskalt.
„Das war wohl die spielentscheidende Szene, denn danach war das Spiel einfach entschieden“, analysierte ein ernüchterter Kalle Kamp nach Spielschluß die spielentscheidende Szene. Denn in der zweiten Halbzeit lassen sich die Azzuri zurückfallen. Die Bremer können das Speil nun offener gestalten, aber bis auf Vota
vas Heber bleiben Torchancen Mangelware. Zwar muß der großartige Olivatti Reck noch einige Canelloni von Gullit und Co entschärfen, aber letztlich genügt dem AC Mailano das knappe Resultat.
Schade, daß Werders Portiere seine famose Leistung nach Spielschluß mit einem harmlosen Rempler gegen Giorgio Smith schmälert. Da warend die Schecks von Uli Borowka und Thomas Wolter doch überzeugender. Gute Noten verdienten sich auch Bratseth, Sauer und Meier, während Hermann, Neubarth und Votava sich einen dermaßenen insalata mista zusammenspielten, daß Torwart Galli während der gesamten 90 Minuten keine einzige Pillola auf seine Cassettone bekam.
„Einige von uns haben offenbar noch nicht begriffen, daß es auf internationaler Bühne einfach nicht reicht, nur zu rennen und zu ackern“. Mit deutlichen Worten und einem wehmütigen Blick auf der Stirn verabschiedete sich Werders Bester, Frank Ordenewitz, aus dem Stadio Guiseppe Meazza.
Auf dem Rückflug gewinnt dann Mirko Votava als erster den Humor zurück: „Das war wohl vorerst unser letzter Europa -Capuccino“, schmunzelt Werders Kapitän hintersinnig. Da müssen auch die Kameraden grinsen. Kompliment an eine Bremer Mannschaft, die es gelernt hat, auch in Momenten der Tragik Größe zu zeigen! C. Bommert / A. Lachman
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