Kaum noch Chance für Dollart-Hafen

■ Riesenhafen an der Ems um weitere Jahre verzögert / Emder Hafenplaner: „Eine halbe Milliarde in den Sand gesetzt“ / Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung beklagt

„Rechnerisch ist die Schleuse überhaupt nicht zum Stehen zu bringen, eine halbe Milliarde Mark buchstäblich in den Sand gesetzt.“ Der Mann, der dies behauptet, ist Haufenbauingenieur, heißt Manfred Pohl und war Hafenplaner in Emden, bis ihn die Argumente der Umweltschutzverbände gegen den Ausbau des Dollarthafens überzeugt haben. „Ich konnte das Gewusele im Hafenamt nicht länger mitverantworten.“ Bei seinen Berechnungen der riesigen Schleuse, die das Meer vom Dollart abhalten soll, stellte er dann fest, „daß auf den Tonschichten kein Halt in der Bauphase zu finden ist.“

Ein neuer Einwand in der Reihe von Protesten, die das 1,3 -Milliarden-Mark-Projekt um den Ausbau des Emder Hafens seit den ersten Plänen von 1972 begleiten. Umweltschutzverbände aus der Bundesrepublik und Holland haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam „den weißen Elefanten Dollart“

zu verhindern. Die Liste der befürchteten Schäden ist lang: Gefährdung von Salzwiesen, Vogelwelt und Naturschutzgebiet Watt, ökonomische Schäden für Fischer und Landwirte. „Allein mit einem Bruchteil der Ausbaukosten hätte die Landesregierung die Region wirtschaftlich attraktiv gestalten können“, rechnet Onno Popinger von der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste.

Eine völlig neue Dimension hat die jüngste Entscheidung der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Südwest in Emden gebracht: Die Planfeststellungsbehörde verlangt eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach EG-Richtlinie. Durch zeitliche Versäumnisse der Bundesregierung sei die Richtlinie nach einem Urteil des europäischen Gerichtshofes zwingend notwendig. Nach Ansicht der Umweltverbände bedeutet dies eine weitere Verzögerung des Projektes „um zwei bis vier Jahre“. Entscheidend dabei

ist nach Ansicht von Walter Feldt vom World Wildlife-Found, daß „mit den alten Daten aus den siebziger Jahren jetzt keine Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht werden kann.“

Bei der niedersächsishen Landesregierung wird allerding anders gedacht. Dort ist das Projekt, für das Wirtschaftsminister Walter Hirche schon 1987 „den Spaten in der Hand hatte“, dessen Planfeststellungsverfahren aber noch nicht einmal abgeschlossen ist, als „Altfall“ angesehen. Damit wäre nach Ansicht der Regierung auch keine UVP nötig.

Ob Altfall oder Neubau - bevor am Dollart gebaut werden kann, muß zunächst die erste Kammer des niederländischen Parlaments einem Kooperationsvertrag zustimmen. Theodor van der Zwieg, Sprecher der Niederländischen Umweltverbände, ist da skeptisch: „Wieso soll die Kammer unterzeichnen, solange hier noch eine UVP läuft?“

Gerd Roth (dpa)