EG will Dreiklassenwahlrecht bei Kommunalwahlen

Europäisches Parlament fordert kommunales Wahlrecht für AusländerInnen aus EG-Ländern / Letzte Entscheidung liegt beim EG-Ministerrat / Acht Millionen AusländerInnen draußen vor der Tür / Richtlinienvorschlag nach einem Bericht von Heinz-Oskar Vetter  ■  Aus Straßburg Thomas Scheuer

Auf dem Umweg über Brüssel finden AusländerInnen möglicherweise, trotz allem Bonner Regierungsgeschrei, den Weg an bundesdeutsche Wahlurnen. Bedingung: Es handelt sich um Kommunalwahlen und das Herkunftsland ist ein EG-Land. Das Europäische Parlament - naturgemäß fest in der Hand von AusländerInnen - verabschiedete am Mittwoch in Straßburg mit großer Mehrheit einen Bericht des deutschen Sozialdemokraten und ehemaligen DGB-Chefs Heinz-Oskar Vetter, der das Kommunalwahlrecht für EG-AusländerInnen nach fünf Jahren Aufenthalt in jedem Land der Gemeinschaft fordert.

Rund 13 Millionen AusländerInnen leben derzeit in den Ländern der Zwölfer-Gemeinschaft. Davon stammen etwa fünf Millionen aus anderen EG-Staaten und knapp acht Millionen aus Drittstaaten. Mit einem entsprechenden Richtlinienvorschlag will die Brüsseler EG-Kommission den EG -BürgerInnen, die ihr kommunales Wahlrecht, durch ihre Mobilität über die nationalen Grenzen hinweg, verloren haben, zurückgeben. Die Kommission folgte damit dem Europäischen Parlament, das wiederholt ein EG-einheitliches AusländerInnenwahlrecht anmahnte und den Kommissionsentwurf mit geringfügigen Änderungen (passives Wahlrecht schon nach fünf anstatt erst nach zehn Jahren Aufenthalt) jetzt billigte.

Dreiklassenwahlrecht

Unter spanischer EG-Präsidentschaft wird der Vetter-Bericht vorrangig behandelt; möglicherweise wird sich der Ministerrat bereits im Mai damit beschäftigen. Billigt dieser die Richtlinien, werden sie bindendes EG-Recht für alle Mitgliedstaaten. Die Kommunisten kritisierten in der Debatte ebenso wie die Grünen, daß AusländerInnen aus Drittstaaten das kommunale Wahlrecht weiterhin vorenthalten bleiben soll. Dadurch werde ein „Dreiklassenwahlrecht“ etabliert, fein aufgeschlüsselt nach InländerInnen, EG -AusländerInnen und DrittstaatenausländerInnen. Trotzdem bezeichneten die Kommunisten den Vetter-Bericht als einen richtigen Schritt und ein wichtiges Signal, angesichts um sich greifender Ausländerfeindlichkeit.

Erst im Februar hatte sich das Europäische Parlament in einer Resolution noch für ein generelles Kommunalwahlrecht für alle AusländerInnen ausgesprochen. Mit dem jetzt verabschiedeten Vetter-Bericht, fiel das Parlament in dem Moment, da es gesetzgebungsmäßig ans Eingemachte ging, hinter seine eigene Forderung zurück. Aus taktischen Gründen, wie Berichterstatter Heinz-Oskar Vetter vor JournalistInnen erläuterte. Er bedauere sehr, „daß wir Ausländer aus Drittländern jetzt draußen vor der Tür lassen müssen“. Vetter, der persönlich ebenso wie der DGB und andere Verbände für ein Kommunalwahlrecht auch für DrittstaatenausländerInnen eintritt, forderte die nationalen Regierungen auf, dies in eigener Kompetenz einzuführen. Tatsächlich stellen die Richtlinien, so sie denn vom Rat abgesegnet werden, jedem Land frei, in eigener Regie darüber hinaus zu gehen. In der Zwickmühle befanden sich die CDU/CSU -Abgeordneten: Sie, die zu Hause gegen das AusländerInnenwahlrecht vor dem Bundesverfassungsgericht zu Felde ziehen, wollten auf der europäischen Bühne natürlich nicht als Anti-Europäer im fremdenfeindlichen Licht erscheinen. So stimmten zwar die bayerischen CSUler erwartungsgemäß gegen den Bericht, große Teile der CDU -Fraktion jedoch, zusammen mit ihren ausländischen FraktionskollegInnen, dafür.