KOMMUNIZIEREN OHNE Eff-Te-Zett

■ Die gemeinen Methoden der Post

Natürlich hatte Klaus das illegale amerikanische Tastentelefon, das seit langem das Telefonieren in den weitläufigen WG-Räumen vereinfachte, abmontiert und versteckt, bevor der Entstörungstechniker der Deutschen Bundespost bestellt wurde, um den defekten, legalen Postapparat zu reparieren. Doch, welcher Schock: Ohne Umschweife und mit größter Bestimmtheit stellte der Postmann trotzdem mit amtlicher Stimme fest: „Sie betreiben hier einen zusätzlichen, illegalen Telefonapparat.“ Die frechen Beteuerungen der Delinquenten, hier gebe es nur einen Apparat, und zwar den von der Post, und überhaupt, woher er das denn wissen wolle, ob die Post etwa ihre Kunden abhöre oder was, machten auf den Mann mit dem Schraubenzieher keinen Eindruck: Das Fernmeldeamt habe die Leitung geprüft und zweifelsfrei einen zusätzlich angeschlossenen, aber nicht angemeldeten Apparat festgestellt. Sein Rat: „Laßt euch bloß nicht erwischen - das kann teuer werden!“

Der Blick ins Fernmeldeanlagengesetz (FAG) zeigt tatsächlich: Bis zu 10.000 Mark oder fünf Jahre Haft kann der illegale Eingriff ins „hoheitliche“ Fernmeldenetz der Bundespost schlimmstenfalls kosten, hinzu kommen Gebühren der Post und möglicherweise erhebliche Kosten, falls durch ein illegales „Endgerät“ Schäden am Postnetz entstanden sind. Zulässig sind nur solche Geräte, die eine Prüfnummer der „Zentralen Zulassungsstelle für Fernmeldeeinrichtungen“ (FTZ) besitzen. Sie allein erfüllten die „hohen Qualitätsanforderungen“ der Post und verhinderten Störungen des Netzes, versichert Landespostdirektionssprecher Winkelmann an seinem FTZ-geprüften Telefon, und deswegen seien sie auch teurer als die Geräte ohne Postzulassung. Er betont das mit großer Eindringlichkeit, denn er weiß, daß keinem telefonischen Endverbraucher die angeblich hohen inneren Werte eines Posttelefons unmittelbar einsichtig sind. Bieten doch die vielen bunten, phantasievollen Apparate aus Amerika und Fernost, die in Telefon- und Elektronikshops erhältlich sind, viel mehr Komfort fürs Geld als die „hoheitlichen“ Fernsprecher: Illegale Tastentelefone mit Speicher, Wahlwiederholung und allerlei anderem Schnickschnack sind schon ab 9,95 Mark erhältlich - soviel zahlt man bei manchem Postgerät monatlich allein als zusätzliche Gebühr. Andere „Endgeräte“ wie Telefax oder Anrufbeantworter kosten mit Postzulassung oft etliche hundert Mark mehr als die gleichausgestatteten „Export„ -Modelle - die oft von namhaften internationalen Firmen stammen und, wie jeder von nicht gesetzestreuen Bekannten weiß, oft seit Jahren einwandfrei am Postnetz funktionieren.

Sehr zum Ärger der Post. Die droht zwar damit, „daß wir jeden nicht zugelassenen Apparat durch Messungen feststellen können“, wie Herr Winkelmann versichert (siehe oben), und „in jedem Fall Strafantrag stellen“. Doch abschreckend scheinen weder die Zahl noch der Ausgang der gerichtlichen Verfahren zu sein: „Darüber geben wir keine Auskunft“, heißt es. Wenn die Post jemanden erwischt, kann er zwar mit einer schriftlichen Mahnung davonkommen, das FTZ-lose Gerät ist er allerdings in jedem Fall los. Die Post zieht es ein und macht es, mitunter per Hammerschlag, unbrauchbar. Der Zutritt zur Wohnung kann im Falle der Weigerung auch mit der Polizei durchgesetzt werden.

Über die Meßverfahren läßt die Post die potentiellen Fernmelderechtsbrecher gern im unklaren; ein jeder soll stets gewärtig sein, daß auch an seiner Leitung gerade ein Post-Meßgerät angeklemmt sein kann. Da es in Berlin (West) aber 1.198.550 Hauptanschlüsse gibt (in der BRD: 28.412.511, Stand 31.12. 1988) rechnet natürlich jeder illegale Telefonierer damit, daß er, wenn die Post nicht gezielt nach Störungen sucht, in der Masse der Anschlüsse unentdeckt bleibt. Das kann Jahre gutgehen - aber, so Winkelmann: „Von manchen nicht zugelassenen Apparaten gehen auch Störungen aus, die der Besitzer zwar nicht bemerkt, aber die Post.“ Die bekommt der Betreffende also erst mit, wenn er einen Brief vom Fernmeldeamt im Kasten hat oder wenn der Postmann zweimal an der Tür klingelt. Eine Störung ist für den illegalen Telefonierer besonders gemein. „Manche dieser Apparate ohne Zulassung verursachen erhebliche Fehler in der Gebührenzählung“, weiß Winkelmann, „und zwar bislang immer zuungunsten des Kunden.“

tr