Drucker stimmen Kompromiß zu

■ Bei der Urabstimmung zum Manteltarifvertrag in der Druckindustrie stimmten 84 Prozent mit Ja / „Prägend für alle, die nach uns kommen“ / Bundeswirtschaftsminister Haussmann ist unzufrieden: „Falsches Signal“

Stuttgart (dpa) - Mit großer Mehrheit haben die in der IG Druck und Papier organisierten Drucker dem nach zehntägigem Streik ausgehandelten Manteltarifvertrag zugestimmt. Wie der Vorsitzende der IG Druck und Papier, Erwin Ferlemann, gestern in Stuttgart bekanntgab, stimmten bei der Urabstimmung 84 Prozent mit Ja für den Kompromiß. An der Urabstimmung nahmen laut Gewerkschaft 37.300 organisierte Drucker teil. Zur Annahme des Verhandlungsergebnisses wären nach der Satzung lediglich 25 Prozent der abgegebenen Stimmen notwendig gewesen.

Gleichzeitig gab Ferlemann auch genaue Zahlen über die vorangegangenen Urabstimmungen zur Einleitung von Kampfmaßnahmen bekannt: Demnach hatten sich an diesen Abstimmungen über 22.000 IG-Druck-Mitglieder beteiligt, von denen sich 95,4 Prozent für Streikmaßnahmen ausgesprochen hatten. Der IG-Druck-Chef erklärte, die hohe Zustimmungsquote zum Verhandlungsergebnis spreche für sich und sorge dafür, daß die Tarifvereinbarungen „auch in den Betrieben zum Tragen kommen“. Ferlemann fügte hinzu, der Abschluß in der Druckindustrie sei auch „prägend für alle, die nach uns kommen“. Nach dem neuen Manteltarifvertrag für die Druckindustrie wird am Samstag und Sonntag in der Branche grundsätzlich nicht gearbeitet. Abweichende Regelungen sieht das komplizierte Tarifwerk aber für die Herstellung aktueller Tageszeitungen und Zeitschriften vor. Als „falsches Signal“ für die Arbeitszeitdiskussion bezeichnete unterdessen Bundeswirtschaftsminister Haussmann (FDP) gestern in Hamburg den Druckabschluß. Vor der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer sagte er, beim Abbau der Arbeitslosigkeit sei mehr soziale Phantasie notwendig. Statt Festschreibung von Arbeitszeiten sollte über eine Differenzierung nachgedacht werden.

Ferlemann räumte vor Journalisten ein, daß es bei der Urabstimmung unterschiedliche Ergebnisse gegeben habe, vor allem dort, wo es der Gewerkschaft nicht gelungen sei, über das Vertragswerk im Detail aufzuklären. So hätten beim Druckhaus Bauer in Köln von 1.047 Abstimmenden lediglich 28 Prozent für die Annahme votiert, weil die Beschäftigten befürchtet hätten, mit dem Tarifvertrag bei der Samstagsarbeit schlechter gestellt zu sein als bisher. Dies stimme aber nicht.

Bei Springer in Berlin stimmten 80 Prozent für die Annahme des Tarifvertrags. Die Mitarbeiter in der Rollenoffsetdruckerei in Ahrensburg votierten mit 85 Prozent für Zustimmung, und bei Burda in Darmstadt erhielt der Tarifvertrag 87,7 Prozent Ja-Stimmen. In Südbaden, wo ebenfalls eine Großdruckerei von Burda liegt, stimmten 91 Prozent zu.