UDSSR-TRIPS

■ Spielend die Sowjetunion entdecken

Nachdem der Kreml durch Glasnost und Perestroika zum Thema spielerischer Phantasie geworden ist - das Spiel Kreml hieß ursprünglich Vatikan -, ließen die Ravensburger es sich nicht nehmen, ebenfalls ein hochbrisantes politisches Spiel über die Umgestaltung der Sowjetunion vorzulegen. Wer beim Betrachten der Schachtel glaubt, es handle sich bei der „Reise nach Moskau“ um ein simples Würfelspiel a la „Deutschlandreise“ mit „Mensch- Ärgere-Dich-Nicht„ -Ambitionen, ist bereits der Subversionsstratgie des Verlages zum Opfer gefallen. Wer beim Titel an unseren Roten -Platz-Hasardeur Matthias Rust denkt, der kommt der Sache schon erheblich näher. Nichts mehr mit der Transsibirischen Eisenbahn, hier wird geflogen, und alle Flugzeuge führen nach Moskau. Dort ist das Zentrum der UdSSR. Eine Absage an jegliche Unabhängigkeitsbestrebungen? Immerhin ist der gesamte Text des Spiels in russischer Sprache abgefaßt (mit deutscher Übersetzung). Wo bleiben die anderen Sprachen der Sowjetunion?

Die SpielerInnen machen eine Reise durch die UdSSR. Als Reiseleiter fungiert Misha, die gemütliche Variante des Russischen Bären. Wird da verniedlicht? Keineswegs! Politische Menschen denken bei Misha sofort an den Boykott der Olympischen Sommerspiele in Moskau. Zufall?

Zufällig verteilte Städtekarten, heißt es in der Regel, bestimmen eine stets neue, für jeden Spieler andere Reiseroute. Die Erfahrung lehrt, will jemand gewinnen, muß er im Osten beginnen. Zum Beispiel in Jushno-Sachalinsk. Keine Sorge, in diesem Spiel werden keine koreanischen Spionageflugzeuge abgeschossen. Glaube ich der Anleitung, sind die Orte nicht nach Größe, sondern nach Bespielbarkeit des Spielplans ausgewählt. Eine eindeutige Doppeldeutigkeit. Oder was soll ich glauben, warum in dichter Reihenfolge Baku, Jerewan und Tbilissi gewählt worden sind. Aktionskarten sollen für zusätzliche Überraschungen sorgen. Zum Beispiel muß ich meinen Mitspielern hinherherspionieren, um Freundschaftskarten abwerfen zu können. Da gibt es Tagestouren und Einladungen, die nur den Zweck haben, mit Mitspielern zusammenzutreffen oder sie von ihrer ursprünglichen Reiseroute abzulenken. Und sollte ich mich meinem Ziel Moskau gefährlich genähert haben, so schicken mich meine Mitspieler wie zu allen Zeiten mit Hilfe von Misha in die Verbannung.

Sollte jemand dieses Spiel kaufen wollen und sollten die beratenden Verkäufer behaupten, bei diesem Spiel handele es sich um ein unterhaltsames Reisespiel, das hilft, einen geographischen Überblick über die UdSSR zu bekommen, so kann man ihnen getrost glauben.

Peter Huth

Reise nach Moskau. Otto Maier Ravensburg, 48 Mark, ab zehn Jahren