EISENBAHNFANS

■ SPD und AL wollen der Schiene im Berlin Verkehr den Vorrang geben.

Zu CDU-Zeiten wurde die Erweiterung des Flughafens Tegel um eine weitere Landebahn betrieben - die Flugreisenden konnten sogar die Fahrgastsubventionen des Landes Berlin einstreichen -, die umweltfreundliche Eisenbahn hingegen geriet zunehmend ins Abseits. Hier sehen die Alternative Liste Berlins und die SPD eine Priorität neuer Verkehrspolitik.

Ein Student zum Beispiel, der von Bremen nach Berlin reisen will, muß bei der Bundesbahn zum Twen-Tours-Tarif einschließlich IC-Zuschlag fast 70 Mark hinblättern. Dafür muß er dann auch noch in Hamburg umsteigen, in völlig veralteten Zügen der Reichsbahn reisen. Die Fahrt dauert fünf Stunden, die Verbindungen sind rar. Der studentische Fluggast reist mit nur 30 Mark mehr wesentlich bequemer; in einer Stunde ist er am Ziel, eine Verbindung gibt es im Zweistundentakt.

„Diese Bevorzugung muß aufhören“, so Renate Hoff, bei der AL zuständig für Verkehrspolitik. Ihre Partei fordert eine Verbesserung des Bahnkomforts auf IC-Standard, den Ausbau der Strecke Stendhal-Uelzen, also der Nordverbindung, sowie eine Renovierung der Südtrasse. Die Fahrgastsubventionen müßten, so Frau Hoff, in Zukunft der Bahn zugute kommen. Das Nachtflugverbot müsse unbedingt eingehalten werden; außerdem sollten verstärkt umweltschonende und lärmarme Flugzeuge zum Einsatz kommen. Gerade um letzteres waren im vergangenen Jahr heftige Diskussionen entbrannt: Da flogen die Kerosin -Bomber der amerikanischen Fluggesellschaft TWA zu Dumpingpreisen über die Köpfe der ohnehin lärmgeplagten BerlinerInnen. Die etwas teurere Air-France/Lufthansa -Tochter Euroberlin versuchte mit dem Schlagwort „umweltfreundlich“ den Markt zu erobern: preiswert oder umweltfreundlich hieß die ohnehin unökologische Konsumentenwerbung.

Auch Joachim Niklas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, favorisiert den Schienenverkehr. Natürlich nicht ganz so zielstrebig: Die SPD fordert wie die AL auch eine Reduzierung der Inlandflüge. Eine Umverteilung der Fahrgastzuschüsse will die SPD allerdings erst nach dem von ihr geforderten Neubau der Schnellstrecke Berlin - Hannover. Den Bau dieser Strecke lehnt die AL ab, weil ihrer Meinung nach die beiden anderen Trassen dadurch zu kurz kämen. Niklas ist da großzügiger: Er will die von der AL geforderten Verbesserungen zusätzlich zur Schnellstrecke.

„Aber“, so Niklas, „man muß sich bei alledem vor diesem imperialistischen Denken hüten. Wir können nur vorschlagen. Die Entscheidung hat letztlich die DDR.“ Und die hat Probleme ganz anderer Art: Im sozialistischen Nachbarland beginnen nämlich die Bahnstrecken zu bröckeln. Die Betonschwellen zerfallen langsam zu Staub. Das Schienennetz der DDR ist aus diesen Gründen schon jetzt total überlastet. Für einen Ausbau des Transitfahrplans müßte noch viel getan werden.

Anja Herholz