Spießer lachen über Spießer

■ Alle Klischees, die Doris Dörrie zum Thema „Deutscher Spießer“ so eingefallen sind, hat sie in ihrem neuem Film „Geld“ verwurschtet: Billige Schmierenkomödianten tummeln sich

Wenn Wolfgang Brenner im „Tip“ verkündet, nur Spießer (Leute mit Blümchentapete und Biedermeierfernsehsessel) könnten über „Geld“ nicht lachen: was bin dann ich, der solche innenarchitektonischen Extravaganzen nicht sein eigen nennt, aber trotzdem den Film nicht komisch finden konnte? Ich behaupte mal ganz keck, daß da etwas mit „Geld“ nicht in Ordnung ist, und nicht mit mir.

Doris Dörrie hat es sich diesmal wieder sehr einfach gemacht, und führt nur ihre Auswahl von Klischees vor, die jedem zum Thema Deutscher Spießer in den Sinn kommen: die dumme Hausfrau trägt ihrem Mann die Aktentasche ins Büro nach, und erfährt dort, daß er schon seit Monaten entlassen ist. Sie weint erst in die Suppe, überfällt dann ihre Bank und nimmt den yuppigen Filialleiter als Geisel mit nach Hause. Und sie macht alles so falsch, daß wir aus den zig Gaunerkomödien, die wir schon gesehen haben, sofort wissen, daß dies nur glücklich enden kann. Die armen Spießer haben ihre Blümchentapete, die reichen sitzen in Designerklamotten ewig am Computer und in Designermöbeln, an denen man sich beim Hinsetzen sehr wehtun kann. Die Geschichte wird genauso holperig erzählt, wie von Klischee zu Klischee gesprungen wird.

Dörrie stellt ihre Figuren bloß: alle vier sind nichts anderes als Pappfiguren, die aus den von der Regisseurin so verachteten Attitüden bestehen, sie bleiben ohne Leben, sind aber auch nicht überdreht und witzig genug, um wie Comicfiguren gut auszusehen, wenn sie die Hose runterlassen. Man kann vielleicht ganz gut auf Kosten der vier lachen, aber der ganze Witz des Films ist nur in der billigen Überlegenheit begrün

det, daß wir uns nie so blöde aufführen würden. Das hat keinen satirischen Biß, sondern liegt im Gegenteil sehr nah am - spießigen-Stammtischhumor.

Die Schauspieler übertreiben dabei bei jeder Geste wie Schmierenkomödianten, aber das kann man Billie Zöckler, Uwe Ochsenknecht oder Sunnyi Melles kaum anlasten, denn es scheint, als habe Frau Dörrie ihnen nur die eine Regieanweisung gegeben:„Tragt alles so dick auf, wie es nur geht!“

Und weil Frau Dörrie sich nicht die Mühe machte, das Phänomen des deutschen Spießer

tums wirklich im Detail zu untersuchen und lächerlich zu machen; weil in diesem Film kaum einer zusammenzucken wird, weil er auf der Leinwand sich selbst erkannt hat; weil jeder gute Bundesbürger sich beruhigt sagen kann: „So spießig bin ich noch lange nicht“, darum bin ich versucht, den Satz von Brenner genau umzukehren und mit gleicher Münze heimzuzahlen: Nur Spießer können über „Geld“ lachen. Hah!

Wilfried Hippen

Gondel 18, 20.30 Uhr/ City 2, 15.15, 17.45, 20.15 Uhr