Daum ohne Nerven: kein Guinness-Rekord

Karlsruhe ohne gültiges Tor gegen Köln - 0:0  ■  Aus Karlsruhe Ulrich Fuchs

Eine vorab entschiedene Meisterschaft ist schlecht fürs Geschäft. Das weiß auch Kölns Kapitän Pierre Littbarski. Und so machte er noch vor dem Spiel beim Karlsruher SC eine detaillierte Rechnung auf, wie die führenden Bayern noch zu stoppen wären. Von seiner Elf natürlich, die nach dem letzten Spieltag den am wenigsten großen Punkteabstand zu den Münchnern vorweisen konnte „und sich jetzt keinen Ausrutscher mehr“ erlauben dürfe.

Daß man den ersten Verfolgerplatz nur durch einen mühsamen Sieg über die abstiegsbedrohte Eintracht aus Frankfurt erreicht hatte, konnte die Stimmung nicht trüben. Zumal mit der Rückkehr der zuletzt fehlenden badischen Recken Uwe Rahn und Jürgen Kohler wieder mehr Stabilität ins schon sprichwörtlich launische Team der Rheinländer kommen sollte.

Vom Anpfiff weg schienen es dann aber die Kölner in Karlsruhe mit einem Mal weniger auf einen Sieg und die Jagd auf die Bayern abgesehen zu haben als vielmehr auf einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde. Ein ums andere Mal stürmten sie ins Abseits, und Trainer Daum berichtete später, man habe auf der Bank eine Zeitlang eine Strichliste über die Abseitsstellungen geführt, aber dann entnervt aufgegeben.

Allein Jürgen Kohler wollte da nicht mitmachen und übernahm auch bei diesem ungewöhnlichen Wettbewerb seine angestammte Rolle als Spielverderber. Sobald er mehr als zwanzig Meter in die Hälfte des Gegners eingedrungen war, drehte er, von tiefen Zweifeln an der eigenen Keckheit befallen, eilte zurück in die eigene Hälfte und besiegelte seine Aktion mit einem Rückpaß.

Da auch bei KSC kein rechter Spielfluß aufkommen wollte, weil Spielmacher Harforth des öfteren der Ball vom Fuß weggeschnappt wurde, während er noch verträumt einen genialen Paß aushecken wollte, machte sich auf den Rängen langsam Unmut breit.

Und den bekam dann geballt Schiedsrichter Theobald zu spüren, als er dem KSC bei einer Rempelei zwischen Simmes und Görtz den stürmisch geforderten Elfmeter versagte. Selbst der hübsche, flugs auf die Anzeigetafel geschaltete Vers, „Geht's auch heute stürmisch her, wir KSC-Fans bleiben fair“, konnte die aufgebrachten Gemüter nicht beruhigen.

Auch das Pausenpalaver zeigte keine Wirkung. Der Linienrichter auf der gegenüberliegenden Seite war anschließend nicht weniger mit Abseitswinken beschäftigt als sein Kollege im ersten Spielabschnitt. Und Herr Theobald wurde vollends zum Buhmann der KSC-Anhänger, als er einem Kopfballtor von Libero Bogdan wegen einem vorangegangenem Foulspiel die Anerkennung versagte.

Auf der anderen Seite hätte Jung-Nationalspieler Hässler, der die vom Bundestrainer honoris causa Beckenbauer verordnete „schöpferische Pause“ wohl auch auf seine Arbeit im Verein bezogen und schon in Karlsruhe praktiziert hat, ums Haar wieder einmal einen Kölner 1:0-Sieg herausgeschossen.

Sein Schuß aus zwanzig Metern aber traf gerechterweise nur den Pfosten, es blieb beim 0:0 und „Littis“ Rechnung war nicht aufgegangen. Trotzdem beeilte sich Trainer Daum anschließend zu versichern, seine Mannschaft befände sich immer noch „in Lauerstellung“. Womit er nichts anderes zum Ausdruck brachte als sein tiefes Vertrauen in eine der Grundweisheiten seines Berufsstandes: Der Ball bleibt rund.

KSC: Famulla - Bogdan - Kreuzer, Süß - Metz, Harforth (68.Spieß), Hermann (73.Kastner), Trapp - Simmes, Raab, Pilipovic

KÖLN: Illgner - Steiner - Kohler, Höhnerbach - Häßler, Littbarski, Olsen, Rahn (61.Sturm), Görtz - Allofs, Povlsen (80.Götz)