Mannesmann in Brasilien besetzt

■ Stahlwerkbelegschaft setzte Generalstreik von letzter Woche fort / Protest gegen Lohnverluste

Hamburg (taz) - Seit einer Woche wird das Mannesmann -Stahlwerk in Belo Horizonte (Brasilien) besetzt. Seit dem landesweiten Generalstreik gegen den sogenannten Sommerplan der Regierung Sarney am 14./15.März ist die Mannesmann -Belegschaft in einer Spontanaktion im Werk geblieben, um trotz des regierungsamtlichen Lohn- und Preisstopps einen Ausgleich der Inflationsverluste durchzusetzen. Die Belegschaft fordert außerdem die betriebliche Anerkennung einer gewerkschaftlichen Vertretung und die Einrichtung einer Fabrikkommission. Mannesmann/Brasilien ist seit Jahren für einen besonders harten, gewerkschaftsfeindlichen Kurs bekannt.

Gewerkschafter in Belo Horizonte befürchten, daß das Mannesmann-Management Anfang der Woche den Konflikt eskalieren und das Werk durch Polizei räumen läßt. Im November 1988 waren in einem ähnlichen Konflikt im Stahlwerk Wolta Redonda/Rio zwei Gewerkschafter von der Polizei erschossen worden.

Der Generalstreik in der letzten Woche wurde von den beiden Gewerkschaftsdachverbänden CUT und CGT organisiert und richtete sich gegen die ungenügende Lohnanpassung im Zusammenhang mit dem von der Regierung am 15.Januar verkündeten „Sommerplan“, der die horrende Inflation Brasiliens stoppen soll. 1988 betrug die Inflationsrate rund 1.000 Prozent. Kurz vor der Verkündung des Plans hatten Staat und Unternehmer noch einmal kräftig zugelangt und in wenigen Tagen die Preise drastisch erhöht, während die Löhne auf dem bisherigen Stand eingefroren wurden. Der Generalstreik am 14. und 15.März ist nach Angaben der brasilianischen Gewerkschaft zu rund 70 Prozent befolgt worden. Unter dem Eindruck der hohen Mobilisierung hat die Regierung inzwischen Verhandlungsbereitschaft erkennen lassen.

In einzelnen Regionen und Branchen wurde nach dem 15.März weiter gestreikt. Allein in Belo Horizonte befanden sich am Wochenende noch 26 Metallunternehmen im Streik. Die Mannesmannarbeiter haben einen Hochofen stillgelegt. Rund 2.000 Beschäftigte halten das Werk besetzt.

marke