Ehre dem Chauffeur

Der Fahrer des Bundesreaktorministers hat auf Betreiben seines dankbaren Dienstherren jetzt das Verdienstkreuz am Bande erhalten  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

„In Anerkennung seiner um Volk und Staat erworbenen Verdienste“ hat Kurt Ledwoch das Verdienstkreuz am Bande erhalten. Der Vorschlag kam von Umwelt- und Reaktorminister Klaus Töpfer. Wer Kurt Ledwoch ist? Nein, nicht der findige Mann, der nach 15 Stunden endlich den Störfall in Biblis bemerkte; nein, auch die Ursache für den Robbentod und das Waldsterben hat er nicht herausgefunden - Kurt Ledwoch ist ganz einfach Chauffeur. Und in dieser Funktion fährt er den Minister Töpfer seit dessen Amtsantritt vor 21 Monaten tagein, tagaus von dessen Wohnort in Mainz nach Bonn und wieder zurück. Runde 400 Kilometer täglich. Weil der Herr Minister außerdem immer so lange an der Gesundung der Umwelt arbeiten muß und sich morgens bereits um halb sieben wieder auf die Tour nach Bonn begibt, bleibt dem Chauffeur nur wenig Schlaf. Im morgendlichen Berufsverkehr schlängelt sich Herr Ledwoch durch den Stau; möglichst sanft, damit sein Chef beim Aktenstudium nicht gestört wird. Dazu gehört schon was, deshalb ist ein Verdienstkreuz auch völlig angebracht. Nur die SPD und die Grünen müssen natürlich wieder mosern: Warum der Minister nicht die hervorragenden Bahnverbindungen zwischen der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt und Bonn benutze, wollte der Abgeordnete Pick (SPD) in der Fragestunde des Bundestags wissen. Selbstverständlich sei Herr Töpfer für die Bahn, aber die terminlichen Erfordernisse eines Bundesministers würden aus verständlichen Gründen der Fahrplangestaltung der Bundesbahn nicht regelmäßig zugrunde gelegt, legte der Vertreter der Bundesregierung, Staatssekretär Stroetmann, überzeugend dar. Auf die Beantwortung der Frage der grünen Abgeordneten Rock, ob es Herrn Töpfer nicht zuzumuten sei, in der Woche an seinem Dienstort zu wohnen, verzichtete die Bundesregierung aus wohlverstandener Sorgfalt für das Gedeihen der deutschen Familie.