FMLN will mit Cristiani verhandeln

El Salvador: Für Außenminister Peralta ist die FMLN „der eigentliche Wahlsieger“ / Nur 900.000 von 1,84 Millionen gingen zur Wahl / Wahlenthaltung als Ergebnis des Boykottaufrufs der Guerilla?  ■  Aus San Salvador Ralf Leonhard

Noch bevor die offiziellen Ergebnisse vorliegen, hat der geschlagene Christdemokrat Fidel Chavez Mena am Montag seine Niederlage in den salvadorianischen Präsidentschaftswahlen zugegeben. Damit machte er Spekulationen über einen geplanten Wahlschwindel ein Ende. Derartige Gerüchte waren aufgetaucht, weil der Zentrale Wahlrat nicht einmal Teilergebnisse bekanntgeben wollte, während sein Präsident, der Christdemokrat Ricardo Perdomo, in Dauersitzung mit Duarte zusammensteckte. Nur Jorge Diaz, der Vertreter der rechtsextremen Arena im Wahlrat, hatte Montag vormittag eine Pressekonferenz einberufen und die ersten Auszählungsergebnisse bekanntgegeben, die sich weitgehend mit den parteiinternen Rechnungen von Arena decken. Nach der Auszählung von etwa zwei Drittel aller abgegebenen Stimmen hat der Wahlrat am Montag neue Ergebnisse veröffentlicht, die zum Teil von den gestern gemeldeten abweichen. Demnach hat Cristiani, Parteichef und Kandidat der Arena, 53,8 Prozent der Stimmen erhalten, während auf seinen christdemokratischen Gegner Chavez Mena 36,6 Prozent entfielen. Die konservative PCN erhielt 4,2 Prozent der Stimmen und die linke „Demokratische Konvergenz“ gerade 3,2 Prozent.

Das Ergebnis ist eine herbe Schlappe, vor allem für Guillermo Ungo, der mit mindestens zwölf Prozent für seine Linkskoalition gerechnet hatte. Ungo, ein Vizepräsident der Sozialistischen Internationale, zeigte sich enttäuscht über die geringe Unterstützung der Sozialdemokraten in Europa. Die SPD wollte lediglich ihren Fraktionsassistenten Zöller als Wahlbeobachter schicken, der dann aus Termingründen absagte.

„Der eigentliche Wahlsieger ist die FMLN.“ Das sagte nicht der Untergrundsender Radio Venceremos, sondern Außenminister Ricardo Acevedo Peralta, der die außerordentlich niedrige Wahlbeteiligung als Erfolg der Rebellen verbucht. Von den 1,84 Millionen Salvadorianern mit gültigem Wahlausweis haben wahrscheinlich weniger als 900.000 ihre Stimme abgegeben, ein historisches Tief in der jüngeren Geschichte El Salvadors. Inwieweit die Wahlenthaltung dem Verkehrsverbot, der Befolgung des Boykottaufrufs der Guerilla oder der Einschüchterung durch die massive Militärpräsenz zuzuschreiben ist, kann nur Gegenstand von Spekulationen sein. Tatsache ist, daß der überwältigende Erfolg von Arena in absoluten Zahlen weit bescheidener aussieht. Denn konnte die Partei bisher bis 450.000 Wähler anlocken, so haben diesmal knapp über 500.000 ihre Stimme für Cristiani abgegeben. Ein Großteil davon ist von den kleinen Rechtsparteien abgewandert, die gegenüber 1988 100.000 Stimmen verloren haben. Ein weiterer Prozentsatz entfällt auf die Erstwähler, die von der dynamischen Kampagne der Partei besonders angesprochen wurden.

Die FMLN hat inzwischen dem zukünftigen Präsidenten ihre sofortige Verhandlungsbereitschaft bekundet. Er wird von den Rebellen wegen der engen Beziehungen seiner Partei zum Großkapital und zu den Streitkräften als kompetenterer Gesprächspartner betrachtet, als ein Christdemokrat. Während die Arena ihren Sieg feierte, trugen am Montag 300 Auslandskorrespondenten ihren salvadorianischen Kollegen Roberto Navas zu Grabe. Er war - wie ein weiterer salvadorianischer und ein holländischer Journalist - am Wahltag von der Armee erschossen worden.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Charles Redman, bekräftigte die Position der amerikanischen Regierung, derzufolge das Verhältnis Washingtons zur neuen Regierung in El Salvador von „deren Befolgung demokratischer Prinzipien und deren Respekt für die Menschenrechte abhängt“. Sei dies gewährleistet, werde man die neue Regierung anerkennen. Kommentar auf Seite 4