„Siehe, der Stein schreit aus der Mauer“

(Do., 21.45 Uhr, Bayern III.) Der Titel dieses Films über die Geschichte der Juden in Bayern leitet sich aus der Tatsache ab, daß zum Bau der Nürnberger Lorenzkirche anno 1349 passend zugeschnittene Grabsteine des jüdischen Friedhofes als Turmstufen verwendet wurden. Er ist einer Ausstellung des Nürnberger Germanischen Nationalmuseums zum gleichen Thema entlehnt. Der Film von Karl Nikolaus Renner orientiert sich denn auch anfangs an dieser Vorlage, die sich großer Resonanz erfreute.

Sein besonderes Augenmerk richtet Renner dabei auf den Alltag der jüdischen Landbevölkerung in Franken und Schwaben. Genügend Material war dafür vorhanden, da gerade in letzter Zeit die Erforschung dieses Teils der jüdischen Geschichte mit Vehemenz vorangetrieben wurde, um lange Versäumtes nachzuholen. Um nun ein Bild der Situation in diesem Jahrhundert zu zeichnen, läßt Renner nicht nur Zeitzeugen zu Wort kommen, sondern auch Bürgerinitiativen, die sich heute mit der nach dem Krieg eilig verscharrten KZ -Vergangenheit ihrer Städte befassen. Auch die für unser demokratisches Vaterland hochnotpeinliche Tastsache, daß die Überlebenden der KZs zusammen mit jüdischen Flüchtlingen aus Osteuropa nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes einige Jahre lang in Internierungslager-ähnlichen Ansiedlungen auf ihre Überfahrt nach Palästina warten mußten, wird nicht ausgespart. Alles in allem hat sich Renner ein ziemlich großes Pensum für eine Stunde Sendezeit vorgenommen. Sehenswert ist der Film aber auch wegen der darin gezeigten kostbaren und teilweise einzigartigen Exponate des Germanischen Nationalmuseums.

ming