Gesetzespaket geschnürt

■ Verfassungsreform, neue Wahlordnung, zweite Parlamentskammer, novelliertes Gewerkschaftsgesetz und neu geschaffenes Präsidentenamt / Freie Wahlen für Senat

Seit gestern behandelt das polnische Parlament in erster Lesung ein umfangreiches Paket von Gesetzesprojekten. Die am runden Tisch zwischen Regierung und Opposition ausgehandelten Vorlagen beinhalten eine Verfassungsreform, eine neue Wahlordnung für den Sejm und die neu zu bildende zweite Parlamentskammer, den Senat, sowie die Novellierung des Gewerkschaftsgesetzes.

Da es in einigen Punkten noch Meinungsunterschiede gibt, tagen neben dem Parlament auch noch einige Unterkommissionen des „runden Tisches“. Strittig sind Details der neuen Wahlordnung, die Kompetenzen für das neu zu schaffende Präsidentenamt sowie ein neues Pressegesetz, das die Zulassung der Opposition zu den Medien regeln soll.

Die größte Bedeutung für das gesellschaftspolitische Gefüge Polens beinhaltet die Novellierung des Gewerkschaftsgesetzes. Erstmals, seit Verhängung des Kriegsrechts 1981 wird es wieder eine legale, unabhängige Gewerkschaft Solidarnosc geben, die in Konkurrenz zur offiziellen Gewerkschaft OPZZ agiert. Zugelassen wird ferner eine unabhängige Bauerngewerkschaft. Auch der unabhängige Studentenverband NSZ darf mit seiner Legalisierung rechnen.

Die Verfassungsreform sieht künftig, neben dem Sejm eine zweite Parlamentskammer vor. Der Senat wird ein Vetorecht gegenüber Gesetzesinitiativen des Sejm erhalten. Die Zusammensetzung des Senats wird in freien, allgemeinen und geheimen Wahlen ermittelt. Kandidieren kann jeder Bürger, der 5.000 Unterschriften für seine Kandidatur vorweisen kann. Während nach diesen Modalitäten eine Senatsmehrheit für unabhängige bzw. oppositionelle Kandidaten zu erwarten ist, stehen ihnen im Sejm nach der neuen Wahlordnung von vorneherein nur 35 Prozent der Sitze zu. Der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) bleibt die Mehrheit in der ersten Kammer erhalten. Der in der neuen Verfassung vorgesehene künftige Präsident wird von der Nationalversammlung aus beiden Kammern gewählt. Er erhält ein Vetorecht gegen Gesetze, er kann beide Parlamentskammern auflösen und die Regierung entlassen. Aufgrund der zu erwartenden Mehrheitsverhältnisse wird die PVAP den Präsidenten stellen. Favorit ist Parteichef Jaruzelski.