Giftmüll bleibt Exportartikel

Basler Giftmüllkonferenz verabschiedet lückenhafte Weltkonvention / Drittweltländer mit generellem Exportverbot abgeblitzt / Streitpunkte werden nachverhandelt / BRD unterstützt US-Obstruktionspolitik  ■  Aus Basel Th. Scheuer

Zum Schluß wurde es - bei Sekt und Erdnüssli - dann doch noch ein bißchen feierlich: Einstimmig billigten die Delegationen aus 116 Staaten am gestern in Basel eine Weltkonvention über grenzüberschreitende Giftmülltransporte. Dem Gläserschwenken war ein tage- und nächtelanges Seilziehen zwischen Industrie- und Drittweltländern vorangegangen. Erst nach mehrstündigen Krisensitzungen rauften sich die Delegationen zusammen.

Gemessen an der ursprünglichen Intention, nämlich den Giftmülltourismus von den reichen Ländern des Nordens in die Ärmeren des Südens zu unterbinden, liest sich das Ergebnis dürftig. Die Entwicklungsländer konnten keinen generellen Giftmüll-Bann durchsetzen. Lediglich einige Verschärfungen boxten sie durch. So gesteht die Konvention jedem Land das Recht auf einseitige Importverbote zu. Auch die weltweite Registrierung von Giftmülltransporten sowie ein Informationsrecht für Transitländer soll die Interessen der Entwicklungsländer schützen. Die Konvention enthält noch zahlreiche Lücken, die auf späteren Konferenzen nachgebessert werden sollen. Nach der jetzigen Fassung gelten künftig alle Giftmüll-Transfers ohne Einwilligung des Empfängerlandes als illegal. Die Herkunftsländer werden zur Rücknahme illegal ausgeführten Drecks verdonnert, wobei Haftungsfragen wiederum ausgeklammert sind. Giftmüll aus Industrieländern soll nur in Länder exportiert werden dürfen, die eine „umweltgerechte Behandlung“ garantieren können. Was darunter zu verstehen ist, wird allerdings nirgends definiert. Einige Artikel entpuppen sich gar als regelrechte Mogelpackung. Etwa die Bestimmungen über bilaterale Verträge zwischen Signatarstaaten und Nicht -Signatarstaaten, mit denen die gesamte Konvention umgangen werden kann. Artikel 5 erlaubt „weder die Ausfuhr von Sonderabfällen in eine Nichtpartei noch die Einfuhr aus einer Nichtpartei.“ Eine unmißverständliche Formulierung die allerdings weiter hinten wieder getilgt wird. Denn Artikel 11 gestattet „unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 4“ eben doch „bilaterale, multilaterale oder regionale Vereinbarungen“ mit Nicht-Unterzeichnerländern. Zwar nur unter bestimmten Bedingungen wie der „umweltgerechten Behandlung“, die aber sind nicht definiert.

Die Delegation der BRD gab in Basel gleich zwei Positionen zum Besten: Eine für die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen und eine für die TV-Kameras und Radio-Mikrophone. Vor letzteren unterstrich der Anführer des bundesdeutschen Verhandlungstrupps, der parlamentarische Staatssekretär im Bonner Umweltministerium Wolfgang Gröbel, die bereits im letzten Jahr von seinem Chef ausgegebene Linie: Die Bundesregierung wolle den Export von Giftmüll in Entwicklungsländer bald per Gesetz verbieten. Doch in den offiziellen Verhandlungen mochten sich Töpfers Abgesandte nicht für eine Verankerung dieser Position in der Konvention stark machen. Im Gegenteil: Drittwelt-Delegierte und Beobachter von Umweltschutzorganisationen beklagten mehrfach, die Bundesdeutschen unterstützten die „Obstruktionspolitik“ der USA. Ihr Verhalten am Verhandlungstisch konterkariere ihre öffentlich ausgegebenen Parolen, maulte Greenpeace-Beobachter Andreas Bernstorff. Bei Redaktionsschluß hatten 34 Staaten die Konvention gezeichnet.