piwik no script img

Tornado-Geschäft abgestürzt

Jordanien verschiebt den Kauf von acht Tornado-Kampfflugzeugen wegen Finanzierungsschwierigkeiten auf „unbestimmte Zeit“ / SPD bezeichnet das Scheitern des Rüstungsdeals als „Rückkehr zur Vernunft“  ■  Aus London Rolf Paasch

Jordanien hat am Mittwoch das Geschäft über den Kauf von acht Tornado-Kampfflugzeugen im Werte von 1,6 Mrd. DM wegen akuter Finanzierungsprobleme auf unbestimmte Zeit verschoben. Wie die britische Premierministerin Margaret Thatcher am Mittwoch mit trauriger Leidensmiene im Unterhaus erklärte, habe sie König Hussein bereits bei seinem Besuch in London in der vergangenen Woche darüber informiert, daß seine Regierung die acht von Großbritannien, der BRD und Italien produzierten Kampfflieger angesichts der wirtschaftlichen Lage Jordaniens nicht bezahlen könne. Der Rüstungsexperte der SPD, Norbert Gansel, bezeichnete das Scheitern des umstrittenen Waffengeschäftes der taz gegenüber als eine „Rückkehr zur Vernunft“. Die Absage zeige erneut, „daß solche rüstungspolitischen Geschäfte nicht nur außenpolitisch gefährlich, sondern auch wirtschaftlich abenteuerlich sind“.

Jordaniens Premierminister Zeid al Rifa-i beeilte sich zu erklären, daß die Absage des Rüstungsdeals mit den Anschuldigungen der britischen Sonntagszeitung 'Observer‘ nichts zu tun habe. Die hatte am vergangenen Sonntag berichtet, daß hohe Provisionszahlungen beim Abschluß des Geschäfts den Stückpreis für die Tornados in die Höhe getrieben hätten. Da Jordanien trotz seiner finanziellen Schwierigkeiten wie geplant zwölf französische Mirage 2000 -Jäger kaufen wird, halten sich in London allerdings Gerüchte, nach denen das Scheitern des Tornado-Geschäfts mit den Schwierigkeiten bei der Finanzierung des bundesdeutschen Kreditpakets zu tun haben könnte. Nach heftigen Protesten in der bundesdeutschen Öffentlichkeit über die Beteiligung der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau an dem Waffenexport in ein Krisengebiet, war die Finanzierung des bundesdeutschen Kreditanteils im Januar von einem Bankenkonsortium unter Führung der Bayrischen Landesbank übernommen worden. Bestimmte Einzelheiten der Kreditvergabe waren jedoch bis zur jetzt erfolgten Absage immer noch ungeklärt geblieben.

Bereits im Oktober hatte Premierministerin Thatcher „Dear Helmut“ deswegen einen bitterbösen Brief geschrieben, in dem sie sich über die deutsche Zögerlichkeit bei der Gewährung von staatlichen Kreditgarantien für die Tornados beschwerte. Wenn Großbritannien wie bei dem Tornado-Deal ein überproportionales Kreditrisiko tragen müsse, werde sie sich auf solche Geschäfte in Zukunft nicht mehr einlassen. In dem Streit zwischen Bonn und London ging es vor allem um die britische Praxis, konkurrierende Rüstungslieferanten im Nahen Osten mit hohen Provisionen und Schmiergeldern an Mittelsmänner und arabische Politiker aus dem Felde zu schlagen. Auf diese Weise ist Großbritannien in den letzten Jahren zum zweitgrößten Rüstungsexporteur der Welt aufgestiegen, während die Franzosen in jüngster Zeit so manches sicher geglaubte Geschäft aus unerklärlichen Gründen an die Briten verloren hatten.

Die Franzosen, so vermutete deswegen am Donnerstag ausgerechnet der Labour-Abgeordnete Dale Campbell-Savours, steckten auch hinter der Enthüllungsgeschichte des 'Observer‘ über angebliche britische Schmiergelder im Rüstungsgeschäft. Da der Besitzer des 'Observer‘, Tiny Rowland, als Chef des Lonrho-Konzerns auch Geschäftsinteressen an dem französischen Mirage-Hersteller Dassault halte, habe er die Story zur Diskreditierung des britischen Konkurrenten „British Aerospace“ abdrucken lassen.

Ob die aggressive Exportpolitik Großbritanniens allerdings wirtschaftlich rentabel ist, wenn die Waffenempfänger am Ende nicht bezahlen können, steht nach der Absage Jordaniens allerdings nun in Frage. Selbst die bundesdeutsche Rüstungsindustrie hatte trotz der Vorsicht Helmut Kohls bereits auf Halde produziert, nachdem die Bundesregierung dem Hersteller für die Tornado-Kanonen bereits am 22.7.1988 „zu Zwecken des Industrievorlaufs“ eine Produktionsgenehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz erteilt hatte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen