Zeremonielles Zentrum

■ Fraunhofer-BesetzerInnen: Von oben herab zu den Ungläubigen

Nur eins fehlte auf der gestrigen Pressekonferenz des „Revolutionären Zentrums Leila Khaled“: die Forderung an die Journalisten, einzeln und mit erhobenen Händen durch die Tür zu treten.

Erst mußten die vor der Fabrik wartenden JournalistInnen auf die gegenüberliegende Straßenseite wechseln, dann öffneten die BesetzerInnen das Tor, offensichtlich, um Zeit für den eigenen Rückzug von der Tür zu schaffen. Denn ins Allerheiligste des Zentrums wurden die ReporterInnen gar nicht vorgelassen. Ihr Weg endete gleich in der engen Vorhalle hinter dem Haupteingang; dann war der Gang mit Brettern vernagelt. Nur durch eine Luke verkündeten die BesetzersprecherInnen ihre Worte an die Ungläubigen. Ein weißbedeckter Tisch, auf dem am Schluß die verlesene Erklärung dargeboten wurde, sorgte unter dem neugotischen Kreuzgewölbe der kleinen Vorhalle für eine fast religiöse Einrichtung.

Streng zeremoniell verkündeten die BesetzerInnen ihr Wollen, durch die Luke, von oben herab. Fragen waren nicht zugelassen. Zwei Männer und zwei Frauen verlasen nacheinander die Erklärung und das Verhandlungspapier. Die ebenfalls verlesene Erklärung der hungerstreikenden Frauen aus dem Frauenknast Plötzensee umrahmte gar ein Sprechchor: „Drinnen und draußen, eine Bewegung. Einheit im Kampf um Zusammenlegung.“

Ausschließlich verhüllt präsentierten sich die BesetzerInnen. Schwarze Gestalten blickten auch von der Mauerkrone des Fabrikgebäudes in die Kameras unten auf der Straße. Dem Reporter von Rias 2 war gleich zu Beginn der Kragen geplatzt. „Das laß ich mir nicht gefallen“, meuterte er - und ging. „Entwürdigend“ fand auch der Mann von Sat 1 die Prozedur. Doch die Fernsehredaktionen konnten zufrieden sein. Sie hatten die Bilder im Kasten, die die Fernsehzuschauer in Britz, Buckow, Rudow und Westdeutschland am Abend garantiert angenehm gruseln ließen.

hmt