„Politische Hilflosigkeit“

■ Die AL-Fraktion diskutierte über das Vorgehen des Senats in der Fraunhofer Straße / Auf der Suche nach anderen Räumen und „friedlicher Lösung“

Eher gelassen diskutierte die AL-Fraktion gestern nachmittag, wie es nun mit den BesetzerInnen des ehemaligen Arbeitschutzmuseums in der Fraunhofer Straße weitergehen solle. Der AL-Abgeordnete Michael Haberkorn schilderte das „Szenario“, wie er es nannte, der mittäglichen sogenannten Pressekonferenz der Jugendlichen vom „Revolutionären Zentrum“ (s. Kasten). Sein Eindruck war, daß die BesetzerInnen nicht auf die Angebote des Senats eingegangen seien und deren Erklärung „enttäuschend“ sei. Er habe nicht viel mehr als die Haltung „Wir wollen das Haus und sonst nichts“ aus den Reaktionen entnehmen können. Selbstverständlich solle man mit den Leuten reden, und vielleicht ändere sich ja die Situation durch die Verhandlungen.

Weitgehend einig war sich die Fraktion nach fast zweistündiger Debatte darüber, daß die AL noch einmal Ersatzräume und „friedliche Lösung“ anbieten wolle. Der „Alleinvertretungsanspruch“ der BesetzerInnen werde allerdings nicht akzeptiert, die Nutzung eines anderen Gebäudes solle auch mit anderen Gruppen diskutiert werden. Die BesetzerInnen werden aufgefordert, bis zum 31.3. das Gebäude zu verlassen. Bei dem Meinungsbild zu dieser Haltung der Fraktion sprachen sich zehn Abgeordnete dafür aus, eine war dagegen und drei enthielten sich. Umstritten war ein Zusatz, den Hilde Schramm mit aufgenommen haben wollte. Sie wollte vor allem „das wunderschöne Gebäude“ retten und es für andere Zwecke genutzt sehen als für die Versuche der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Um über die Nutzungsmöglichkeiten laut nachzudenken, schlug sie eine Veranstaltung zu dem Thema vor.

Die deutlichsten Worte sprach die Datenschutzexpertin Lena Schraut über die BesetzerInnen, die die Revolution auf Staatskosten haben wollten. „So macht man nicht Revolution“, befand sie. Sie plädierte dafür, dem „Revolutionären Zentrum“ die Illusion zu nehmen, daß sie dort auf Dauer bleiben könnten. Man müsse ihnen sagen, daß „die Räumung stattfinden wird“. Lena Schraut war auch gegen eine Lösung, wie sie der Senat zwischenzeitlich vorgeschlagen hatte, nämlich ein Zelt aufschlagen zu lassen, in dem die BesetzerInnen unterkommen könnten, bis ein anderer Ort gefunden sei. „Sie können auch noch drei Monate bis zur Revolution warten“, meinte sie. Auf keinen Fall dürfe man sich hinter dem Bund „und anderen Bösewichtern“ verstecken, sondern müsse Farbe bekennen. Sie sollten freiwillig rausgehen oder „wir, der Senat, räumen.“

Auch Umweltsenatorin Michaele Schreyer wollte das Problem auf keinen Fall „aussitzen“. Ein Räumungsbegehren werde sie aber nicht ohne die Unterstützung der Fraktion aussprechen. Sie hatte den „Eindruck der Hilflosigkeit und Konzeptionslosigkeit“ von einem Besuch am Samstag in der Fraunhoferstraße mitgebracht.

Dem Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Partei, Harald Wolf, fehlte es vor allem an Zeit. Er sah zwar auch eine „Mischung aus Verbalradikalismus und politischer Hilflosigkeit“ bei der Besetzergruppe, meinte aber, das Räumungsbegehren müsse vom Bund ausgehen. Durch den Zeitdruck könne der Senat nicht alle politischen Möglichkeiten ausnutzen. Die bestünden für ihn z.B. darin, endlich nicht mehr „im politischen Vakuum“ zu agieren. Leute aus dem linken und autonomen Spektrum, von dem „die Leute isoliert“ sind, müßten sich einschalten.

Doch die Zeit eilt, und der Fraktionsbeauftragte Haberkorn wird nun schleunigst den Kontakt zu den beiden als Vermittlerinnen genannten Rechtsanwältinnen suchen.

RiHe