Teure Metropolenträume

■ Vom Erweiterungsbau zum Prestigeobjekt / Berlin sollte zur Tagungs- und Kongreßstadt werden / Von 120 Millionen Mark stieg der Preis auf fast eine Milliarde

Bemerkenswert, wer in diesem April in Berlin alles zehnjähriges Jubiläum feiert: das Internationale Congress -Centrum; das ICC, gigantisch, unübersehbar und ständig im Defizit, feiert genauso wie die taz, klein, handlich, ebenfalls ständig im Defizit, aber unentbehrlich in dieser Republik. Ob auch das ICC unentbehrlich ist, dieses silberglänzende Monstrum ist schon bei der Planung umstritten gewesen.

Dabei hat das ICC, wie die taz auch, einmal ganz klein angefangen. Damals, im Jahre 1965, schrieb die Ausstellungs -Messe-Kongress-GmbH (AMK) einen Wettbewerb für eine Mehrzweckhalle aus. Nicht mehr als 4.000 Menschen sollte der Erweiterungsbau, als der sie geplant war, fassen. Zwei „Hilfs„-Architekten gewannen den Wettbewerb, Ursulina Witte -Schüler und ihr Mann Ralf Schüler. Eine lohnenswerte, wenn auch keine herausfordernde Aufgabe für die beiden Neulinge im Geschäft. Die Stadtväter Berlins jedoch liebäugelten Ende der sechziger Jahre, als der Tagungs- und Kongreßtourismus zu expandieren begann, mit Berlin als Weltstadt. Was wäre besser für das internationale Renomme der ins Abseits geratenen einstigen Metropole als jede Menge Spesenritter in die Halbstadt zu holen?

Zudem in einem Atemzug mit London und Paris, den Kongreß -Spitzenreitern, genannt zu werden, täte dem Ansehen Berlins auch recht wohl. Ost-Berlin baute seinen Palast der Republik, und was Ost kann, das kann West schon lange: Die AMK setzte auf „Internationale Maßstäbe“. Platz für 20.000 Menschen sollte dieser neue Bau haben, von Riesenkongressen bis zu kleinen Arbeitsgruppen sollte Platz geschaffen werden. Die alte Kongreßhalle in Tiergarten mit ihren 1.200 konventionell eingerichteten Plätzen wurde durch diese Pläne zum Tagungsheim für Kegelclubs degradiert.

Der damalige SPD-Senat ließ sich damit auf ein finanzielles Abenteuer ein, das noch heute nachhallt. Der erste Kostenvoranschlag betrug 1969 120 Millionen Mark. Anfang der siebziger Jahre, noch vor Baubeginn, wurde der Betrag auf 500 Millionen aufgerundet. 1975, kurz bevor mit dem Bau begonnen wurde, gab der damalige Senat kleinlaut zu, daß das Unternehmen mit einer dreiViertel Milliarde zu veranschlagen sei. Heinrich Lummer, damals noch Oppositionspolitiker der CDU, erwies sich als hervorragender Prognostiker. Er beschimpfte das ICC, noch bevor es amtlich wurde, als „Milliardenbau in Witzleben“. Tatsächlich betrug die Schlußrechnung 924,27 Millionen Mark.

Am 2. April 1979, nach vier Jahren Bauzeit, sollte schließlich die feierliche Eröffnung des Aluminium-Bunkers begangen werden. Zuvor wurde aber probegefeiert. Am 9.März wurden rund 500 Bauarbeiter und Journalisten zu einfachem Essen und Musik ins ICC geladen. Die Technik klappte, keiner der Gäste kam zu Schaden, man konnte schließlich das Gebäude der Prominenz zumuten. Karajan schwang den Taktstock, Bundespräsident Walter Scheel eine Rede und die Stadt machte 1,75 Millionen Mark für die Party locker.

Im Rausch der Gigantomanie kam es der SPD dann offenbar auf ein paar Millionen mehr oder weniger auch nicht mehr an. Die künstlerische Gestaltung des Vorplatzes sollte schließlich nicht am Geld scheitern. Nach viel Gezänk und Gemurre des „gesunden Volksempfindens“, allen voran wiederum die Oppositions-CDU, wurde per Wettbewerb eine Skulptur des französischen Bildhauers Jean Ipousteguy erwählt, Berlin einen Hauch von Kunstverstand und Weltoffenheit zu verpassen.

„Ecbatane“ heißt die riesige Gestalt, die Alexander den Großen darstellen soll - 30 Tonnen Bronze für 1,2 Millionen Mark. Aber Berlin hat's ja.

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