Durch die zue Tür durch

■ Thierry Chervel unterhielt sich mit Anja Franke, Maria Schrader und Dani Levy über ihren Film „RobbyKallePaul“

taz: Wo habt ihr das Kino gelernt?

Dani Levy: Im Kino.

In welchen Filmen?

D.L.: Erst die guten oder erst die schlechten? Weil, oft lernt man viel mehr in den schlechten.

Erst die guten.

Anja Franke: DDR-Filme teilweise, Solo Sunny oder als Liebesgeschichte nach wie vor Paul und Paula, 'n richtiger Liebesfilm, 'n deutscher. Da ist alles drin. Musik, Schauspieler, Geschichte stimmen. Von der Ästhetik her finde ich das sehr schön, zwar realistisch, aber witzig, mehr lückenhaft erzählt, so daß du zwischendurch deine eigenen Filme spinnen kannst. Und die frühen Filme aus der Nouvelle Vague. Pierrot le fou oder A bout de souffle. Die waren frech, die Spielfreude der Leute in diesen Filmen! Eigentlich alle Filme, wo du merkst, warum die gemacht wurden.

Wollt ihr das von euren Filmen auch: daß man sieht, sie sind selber gemacht?

A.F.: Ja, unbedingt! Oder?

Maria Schrader: Was meinst du mit selbergemacht?

Was von den Institutionen so wenig gefördert wird wie in den Universitätsseminaren das Selberdenken.

A.F.: Ja, ich glaub‘, das hat uns auch irgendwie ins Kino gebracht, Filme, wo du das Kribbeln merkst, das die beim Machen hatten und das dich einfach ansteckt. Da hast du auch Bock, Filme zu machen.

D.L.: Grundsätzlich stehe ich auf Filme aus dem Osten. Es gibt viele tschechische Filme, die ich mag. Eine meiner absolut liebsten Komödien ist Heimat, süße Heimat von Jiri Menzel. Viele russische Filme. Sehr beeindruckt haben mich Die Kommissarin und Komm und sieh von Elem Klimow. Das sind Filme, die mir wirklich ans Herz gehen. Die sind so rein, so nicht-modisch und wirklich bewußt, und vor allem wird auch verantwortungsbewußt mit den Stilmitteln umgegangen.

Ein Film, den ich bewundere wegen der Art, mit den Schauspielern umzugehen, und ein ganz frühes Vorbild für RobbyKallePaul - ohne daß ich es in irgendeiner Form kopiert habe - ist Husbands von John Cassavetes.

A.F.: Woody Allen, Manhattan, Stadtneurotiker, das sind schon auch geile Filme. Aber auch sperrig.

Mögt ihr auch noch die späten Woody-Allen-Filme?

M.S.: Ich fand Eine andere Frau gut.

A.F.: Bei September bin ich eingepennt. Aber eigentlich mag ich ihn, und ich mag ihn auch gerade deshalb: Weil er sich in die Scheiße setzt. Er geht nicht auf Nummer sicher, und davon bin ich total beeindruckt. Ein bißchen ist das auch bei Wenders so. Leute, die soviel Geld haben zum Filmemachen und trotzdem noch bei sich selber bleiben. Davor habe ich einen großen Respekt, weil ich glaube, es ist irrsinnig schwer, teure Filme zu machen. Ich würd‘ auch lieber immer gern billig bleiben, weil das überschaubar ist und sich das Geld nicht so verselbständigt, weil Geld einfach die größte Macht ist, die es gibt auf dieser Erde, neben Liebe. Und wenn Leute das noch im Griff haben, wie Woody oder Wim, können sie von mir aus auch mal danebengehen.

Wie wichtig war denn „Männer“ für euch? Das ist ja euer Thema.

D.L.: Wichtig als Antifilm, nicht als Film. Die ersten Ideen zu RobbyKallePaul hatten wir noch, bevor Männer auf den Markt kam. Ich hatte gerade das Treatment geschrieben, als Männer startete. Da haben wir uns natürlich gefragt, ob wir das Projekt fallenlassen sollen. Uns war klar, daß man uns gleich in die Schublade stecken und sagen würde, daß wir uns an den Erfolg von Männer anhängen wollen, wenn wir einen zweiten Film über Männer machen, eine Berliner Antwort auf Männer oder wie auch immer man das nennen will. Wir haben es trotzdem gemacht, weil uns Männer nicht so gefallen hat. Der Film geht so oberflächlich und platt mit Männerbildern um, daß ich fand, wir können es uns ohne weiteres erlauben, einen wesentlich sperrigeren, widersprüchlicheren und auch schwierigeren Film über Männer zu drehen. Wir wollten mehr riskieren. Das fängt an mit der Ausstattung. Wir haben die Leute in weniger schickem und reichem Milieu angesiedelt als sie, sie sind auch jünger als in Männer. Dort sind sie zwischen dreißig und vierzig, bei uns eher zwischen zwanzig und dreißig. Vor allem störte mich bei Männer, daß man in seiner Identifikation von den beiden Hauptfiguren nie enttäuscht wurde. Da wollten wir anders sein: Wir wollten versuchen, das glatte Konsumieren von „Helden“ stärker zu stören.

A.F.: Zum Beispiel Paul. Gerade als man anfängt, ihn zu mögen, hat er seinen peinlichen Auftritt. So lächerlich ist in Männer keiner, daß er seinen nackten Arsch hinhält.

M.S.: Es geht ja nicht nur um Lächerlichkeit, es geht auch um eine Wahrheit, die es tatsächlich gibt zwischen Männern und die in Doris Dörries Film ausgespart wird. Da habe ich nicht das Gefühl, daß auch Frauen den Film sehen und dabei etwas Neues erfahren können.

Das Thema ist virulent. Auch Ecki Ziedrichs „Singles“ versteht sich als Antwort auf „Männer“ und Ackerens „Venusfalle“...

D.L.: Also, da würde ich Doris Dörrie noch umarmen, Ackeren ist wirklich einer, den ich nicht abkann.

M.S.: Auf den reagier‘ ich auch wirklich ganz allergisch, schon als Person.

D.L.: Venusfalle gehört für mich zum Übelsten, was ich in letzter Zeit gesehen hab‘, schon die Aufmachung allein fand‘ ich dermaßen übel...

A.F.: Porno für Intellektuelle.

M.S.: Das fand ich das verrückteste. Ich bin reingegangen und dachte: Und wenn der Film Scheiße ist, wenigstens wird er erotisch sein.

A.F.: Du weißt, wie schwer das ist. Gerade Nacktszenen, leuchte die mal ein, daß das nicht so beschissen fleischig aussieht. Das ist saumäßig schwer.

Vielleicht kann er es einfach nicht. Wenn man Myriem Roussel in Godards „Je vous salue, Marie“ gesehen hat und dann in der Venusfalle“...

D.L.: Meiner Meinung nach wird Ackeren maßlos überschätzt. Ihm wird ja zugute gehalten, daß er die Gelangweiltheit der Szene, der intellektuellen Schickeria aufs Korn nimmt, und ich glaube, das ist ein Irrtum. Ich hab‘ das Gefühl, er selber ist es, der so blasiert, desinteressiert und tot ist.

Er ist die Leere, die er vorgibt darzustellen.

D.L.: Eben. Ein schlimmes Mißverständnis.

Anders als in den mehr akademischen Filmen von Ackeren und Dörrie wird in „RobbyKallePaul“ auch mit der Form gespielt, es gibt richtige Regelverstöße.

A.F.: Au ja, haben wir viele drin, ganz toll. Ich hatte den Job mit den Anschlüssen: Kein einziger stimmt. Aber das fällt dir nicht auf. Der Film fängt an in der Küche, die Tür ist zu, wunderbar, dann geht die Szene weiter, und irgendwann fährt die Kamera durch die zue Tür durch. Wir haben es halt vergessen.

D.L.: Aber du meinst bewußte Verstöße.

Ich denke zum Beispiel an die Szene, wo Robby, hin- und hergerissen, versucht, Malu abzuwimmeln. Da ist der Ton kontinuierlich, und das Bild springt - das tut es ja immer, bei jedem Schnitt, aber hier merkt man's, weil ihr und die Kamera bei jedem Schnitt die Positionen wechselt.

D.L.: Das System von der Szene ist, daß nichts stimmen soll. Nichts stimmt, das ist ein bißchen Robbys Perspektive. Plötzlich steht sie in der Ecke, dann hat er sie wieder auf dem Arm, und dann sagt sie: „Küß mich.“ Das haben wir versucht, mit dieser Form von falschen Anschlüssen, Achsensprüngen usw. visuell umzusetzen.

So reiht sich Witz an Witz, Gag an Gag...

D.L.: Oh nein, so möchte ich RobbyKallePaul überhaupt nicht sehen. Der Film wird natürlich als Komödie verkauft, und von der Werbung finde ich das auch gar nicht dumm, weil die Leute das mögen, Unterhaltung, ein leichter anspruchsloser Abend. Aber ich möchte nicht, daß der Humor sich verselbständigt oder auf Kosten der Figuren geht. Ich glaube, daß der Humor in diesem Film deshalb funktioniert, weil er über eine Identifikation mit einer Not oder Tragik läuft. Es gibt zwar Gags, aber die stehen immer im Zusammenhang, also die Groß-Klein-Geschichte mit dem Brett vor dem Kopf oder die Sache mit der Zwiebel und den Tränen. Aber die sind kein Selbstzweck. Ich glaube, die Filme, die wir machen, sind deswegen komisch, weil wir nicht mit der Komik kalkulieren, und ich finde es wichtig, daß man dem Humor den nötigen Respekt entgegenbringt. Ein großer Teil der Stellen, wo gelacht wird im Kino, ist für uns völlig unerwartet. Es gibt Szenen im Film, wo einzelne lachen oder schmunzeln, wo jeder seinen eigenen Witz erlebt, das ist mir wichtiger als Lachsalve um Lachsalve zu kassieren.

Warum ist der Film so bunt?

D.L.: Du mich auch ist schwarzweiß, und wir haben ihn von Anfang an schwarzweiß gesehen. RobbyKallePaul haben wir von Anfang an bunt gesehen. Das Schwarzweiß hat ja automatisch eine klarere und gebündeltere Ästhetik als die Farbe. Mit Schwarzweiß kannst du ein Gesicht oder eine Handlung viel konzentrierter zeigen, als es in Farbe möglich wäre, wo alles farbig ist, auch die Umgebung, die Dinge, die nicht so zählen. Und Schwarzweiß ist immer schon künstlich, weil wir eben farbig sehen. Deshalb war für uns klar: Wenn wir einen Farbfilm machen, nach Du mich auch, dann muß es ein Farbfilm sein, wo die Farbe wirklich eine Funktion hat. Die Farbe sollte sowohl einen inhaltlichen als auch einen emotionellen Aspekt haben. Deshalb haben wir die ganze Wohnung für den Film neu eingerichtet, haben jedes Zimmer farbbestimmt. Robby wohnt in einem weißen Zimmer, er selbst ist schwarz gekleidet, die beiden extremen Farben für Klarheit. Kalle wohnt in einem blauen Zimmer, was dem Gefühl der Melancholie entspricht und auch seinem Traum, daß er nicht von dieser Welt ist. Paul wohnt in einem grünen Zimmer, die Farbe der Hoffnung, und hat so ein knallrotes, leidenschaftliches Sofa.

Ihr habt ohne Förderung gearbeitet. Habt ihr keine beantragt?

D.L.: Wir haben es versucht.

Warum hat es nicht geklappt?

A.F.: Frag die Förderung.

D.L.: Eine Begründung kriegt man da nicht, bei Absagen. Wir haben zweimal FFA versucht, einmal BMI, zweimal Kuratorium, zweimal Berlinförderung. Auch die Fernsehanstalten haben uns abgelehnt.

Warum?

D.L.: Ohne mich auf eine eitle Außenseiterposition stellen zu wollen: Ich habe sehr stark das Gefühl, daß Filme, wie wir sie machen, in dieser Republik nicht gewollt werden. Die sind zu wenig deutsch, einerseits zu kantig, zuwenig abgerundet, auch technisch, es sind Unschärfen drin, es gibt offensichtliche Macken. Ich hab‘ nichts gegen Fehler. Ich erlaub‘ mir im Leben Fehler, wieso nicht im Kino? Da finde ich Leute wie Godard oder Cassavetes viel spannender. Filme sind ein Durchgangsstadium, und ich erlaube mir auch, daß sie angreifbar sind. Ich hab‘ keine Lust, den Leuten eine perfekte Welt vorzugaukeln, die nicht stimmt. Da finde ich den Begriff Kino falsch verstanden. Kino muß Lücken haben, damit der Zuschauer reinschlüpfen und Sachen entdecken kann, die für ihn nicht stimmen und wo auch die Form bricht. Ich will ihm nicht so eine aalglatte Kugel vorgeben, und das ist in Deutschland offensichtlich eine Art, mit der man sich schwertut.

A.F.: Gerade weil der Film andererseits auch kommerziell ist, das ist nämlich der Punkt, er ist ein Zwitter. Dem „Kleinen Fernsehspiel“ waren wir schon viel zu unterhaltsam und zu wenig experimentell. Der Film sitzt total zwischen den Stühlen.

Wer hat den Film letztlich finanziert.

M.S.:Meine Eltern!

D.L.: Wir hatten eine Förderung vom Schweizer Fernsehen und vom Schweizer Innenministerium, außerdem gab es Rückstellungen und private Kredite von Eltern und Kinobesitzern. Insgesamt hat RobbyKallePaul knapp 900.000 Mark gekostet.

„RobbyKallePaul“ basiert stark auf den privaten Beziehungen der Macher. Verträgt sich das, Liebe und Arbeit?

A.F.: Sagen wir mal, Liebe und Arbeit kann mehr weh tun, aber es freut dich auch mehr, wenn es funktioniert.

Worin genau besteht denn der Reiz dieser Verbindung?

M.S.: Es gibt mehrere Vorteile. Für mich war es das erste Mal, daß ich so gearbeitet habe. Ich komme aus einem ganz normalen einzelgängerischen Werdegang, Schauspielausbildung, Stadttheater. Die Verbindung von Arbeit und Liebe bringt erst mal, ganz praktisch, eine größere private Befriedigung. Du mußt nicht zwei Sachen unter einen Hut bringen. Du führst kein Doppelleben mehr.

Das kann doch gerade auch ein Problem sein.

A.F.: Eben. Das kann sich gegenseitig auffressen. Irrsinnig schwer ist das mit dem Respekt voreinander und der Disziplin.

M.S.: Gleichzeitig ist die Respektlosigkeit auch eine riesige Chance. Du sagst viel schneller die direkte Wahrheit. Und die ganze Geschichte des Films knüpft sich ja auch an die privaten Bindungen. Du hast also plötzlich die Chance, daß Schauspieler, noch lange bevor es ein Drehbuch gibt, beteiligt sind an ihren Rollen. Den Austausch kannst du abends im Bett führen. Da kommt keiner und sagt: „Jungs, es ist drei Uhr, die Arbeit ist zu Ende.“

D.L.: Außerdem, ich möchte jetzt nicht jammern, aber so schwer, wie es uns gemacht wird, die Filme zu machen, von der Förderungsseite her, von der Skepsis unserer Professionalität gegenüber: Da ist die Liebe eine ganz zentrale Kraft, uns auch geradezuhalten. Alleine bist du viel schneller kleinzukriegen, und du wirst viel schneller bescheiden und sagst, okay, dann halt nicht, dann lassen wir den Film eben. Und für RobbyKallePaul - für Du mich auch auch - war die Liebe zwischen mir und Anja und dann zu Maria, zwischen Anja und Frank und letztlich auch zwischen mir und Frank und zwischen mir und Josef die einzige Chance, eine größtmögliche Ehrlichkeit hinzukriegen.

Es könnte auch die Gefahr bestehen, daß es unehrlich und selbstgefällig wird.

A.F.: Du mußt wissen, daß du hier mit dem selbstkritischsten Regisseur Berlins an einem Tisch sitzt.

M.S.: Auf der anderen Seite kann er sich auch das nur deswegen erlauben, weil er hinter sich zwei Aufsteller weiß. Das geht schon Hand in Hand. Du bist solange Hypochonder, wie dich einer bemitleidet.

D.L.:Sonst macht's keinen Spaß.

A.F.: So sind die Jobs eben zugeteilt.

Von wem genau ist der Film eigentlich? Ist es nicht ungerecht zu sagen: „Ein Film von Dani Levy“?

A.F.: Er trägt die Verantwortung für das Teil, er hat immer das letzte Wort gehabt oder die klarste Vorstellung. In dem chaotischen Haufen muß halt immer einer das Ziel vor Augen haben. Sonst wird es zu salatig.

M.S.: Das Ganze ist mehr ein Teamwork als andere Filme, bloß wenn es nicht irgendwo eine Hierarchie geben würde, wären wir in zehn Jahren noch nicht fertig mit dem Film. Du kannst auch nicht zu viert ein Drehbuch schreiben, es funktioniert nicht, daß vier Leute das gleiche Stimmrecht haben. Es geht nur schnell, wenn drei Leute Zuliefer sind, Ideensammler, auch Euphoriker. Und er hat immer den schwarzen Peter zu sagen, „Nee, das will ich aber nicht.“ Denn es ist schwer, Sachen nicht gut zu finden und das aussprechen zu müssen.

D.L.: Ich hab‘ Schwierigkeiten mit dem „Ein Film von Dani Levy“. Es gibt Zeiten, wo ich denke, der Einfluß von den beiden Frauen - besonders von Maria, die noch mehr daran gearbeitet hat als Anja - ist so groß, daß man nicht sagen kann, RobbyKallePaul ist ein Film von Dani Levy allein. Obwohl ich natürlich die Fäden zusammengehalten habe und auch in allen Bereichen dabei war, wo sie teilweise draußen waren, also Musik, Musikstudio, Schnitt, Tonmischung usw. Trotzdem: Das sind natürlich Ausführungen. Die Plattform, auf der wir stehen, ist begründet in der langen Liebesgeschichte mit Anja und dann mit Maria. Das ist wichtiger als die präzise Ausführung.

A.F.: Maria und ich waren ein bißchen die außenstehenden Kontrolleure, die Zugpferde, die gesagt haben, „Nee, es reicht noch nicht.“ Ich kann mich an den Männerabend erinnern. Maria und ich sind haareraufend da rumgelaufen und haben gedacht: „Wie sind die nett! Wie langweilig! Wir kennen die doch anders, die sollen sich mal trauen, ein bißchen ehrlich zu sein.“

Zum andern denke ich, daß ich ungern ganz allein für einen Film verantwortlich zeichnen möchte. Das wär‘ für mich ein Horror. Ich bin so'n Vize. Das will ich überhaupt gar nicht.

Der Film ist sehr konzentriert auf die Beziehungen der Leute in der WG. Es geht um Liebe. Aus dem Radio dringen Katstrophenmeldungen: Klimaänderung, 18 Grad im Dezember. Robby, Kalle, Paul und die anderen ignorieren das einfach. Sie tun nichts dagegen. Wie ist das mit der Politik?

A.F.: Wir haben uns das bei jedem Film überlegt, auch bei Du mich auch, die Frage mit der Friedens- und der Besetzerbewegung. Wir waren jedes Mal im Konflikt, aber wir hatten Angst vor Überladung und wollten erst mal das machen, was wir filmisch und menschlich konnten, daß es glaubhaft ist. Beim nächsten - oder übernächsten - Film, wo es um drei Frauen geht, werden wir uns dem viel mehr annähern. Eine der drei Frauen - die spiel‘ ich - kommt aus dem Osten rüber mit ihrem Kind und versucht, hier politisch Anschluß zu finden, wandert sämtliche Bürgerinitiativen durch und eckt überall an, weil sie soviel Fragen stellt. Aber das ist sauschwierig. Wie machst du Filme, die witzig sind und auch Widersprüche zulassen über Politik?

Könnt ihr schon was über eure nächsten Projekte sagen?

M.S: Eines ist eben, worüber Anja schon gesprochen hat, der Film über die Frauen. Und dann gibt es noch ein anderes Projekt - eher von Dani und mir -, das in New York spielen würde, im jüdischen Milieu.

Kennt ihr euch denn da genug aus?

D.L.: Wir müßten sehr viel recherchieren. Es soll eine Liebesgeschichte werden von zwei Leuten, die an den zwei entgegengesetzten Endpunkten des Judentums stehen. Er ist der Sohn polnischer Juden, aber selbst schon in New York geboren, spricht eine Mischung aus Jiddisch und Englisch und ist ein absolut orthodoxer, praktizierender und gelehrter junger Mann.

M.S.: Jungfräulich und weltfremd.

D.L.: Hat bislang noch nichts mit Frauen zu tun gehabt. Und sie ist eine Europäerin, die nach New York kommt und Schauspielausbildung machen will, völlig assimiliert, ohne großes jüdisches Bewußtsein, sehr materialistisch, hat schon viele Freunde gehabt und hat einen sehr direkten Umgang mit dem Leben. Sie begegnen sich durch einen Unfall, sie fährt ihn am Sabbat an, und da man an diesem Tag nicht schreiben darf, müssen sie sich wiedersehen, um das Protokoll aufzunehmen. Sie werden in ein Verbrechen verwickelt, das im jüdischen Milieu spielt, recherchieren zusammen, verlieben sich dabei. Das sind die beiden heißesten Projekte, abgesehen von dem Projekt, nie mehr Filme zu machen und auf die Alm zu gehen.