Stuhr muß Flughafen-Ausbau loben

■ Interner Vertrags-Entwurf zwischen Bremen und Stuhr von Ausbau-Gegnern veröffentlicht / Volle Lärmschutz-Gelder nur für wenige Stuhrer AnwohnerInnen / Lärmschutz für Bremer noch unentschieden

Wochenlang hat der Bremer Senat mit der Gemeinde Stuhr um die Bedingungen verhandelt, unter denen die Gemeinde Stuhr auf die juristischen Klage-Möglichkeiten gegen die Erweiterung des Bremer Flughafens verzichtet; Stuhr wollte sich vor allem Lärmschutz-Maßnahmen zugunsten der unmittelbaren AnwohnerInnen der Startbahn bezahlen lassen. Das Ergebnis der Verhandlungen liegt seit dem 27.2. vor, gestern wurde das bislang interne Papier von dem Umweltschützer-Aktivisten der „Aktionsgemeinschaft Naherholungsbiet Ochtumsniederung“, Hans-Joachim Klaje, der Presse zugänglich gemacht.

„Zur Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in die Dauerhaftigkeit und Verläßlichkeit der Beschlüsse des bremischen Senats vom 8.5.1973 und 31.5.1988“ heißt es in der Präambel des Entwurfs, sei dieser Vertrag geschlossen worden; in den beiden genannten Beschlüssen hatte die bremische Regierung ausdrücklich den „Verzicht auf eine Verlängerung der 2.034 Meter langen Hauptstart-und Hauptlandbahn“ erklärt. Die Nachhilfe fürs „Vertrauen der Bevölkerung“ ist erforderlich, weil der Senat den Eindruck vermeiden will, er breche gerade sein Wort: Die Startbahn soll eben doch verlängert werden.

Hauptbestandteil des Vertra

ges aus bremischer Sicht ist die Feststellung, daß die Gemeinde Stuhr sich nicht mit rechtlichen Mittel gegen die Flughafenerweiterung zur Wehr setzt, sondern im Gegenteil auch seinen BürgerInnen empfiehlt, ihre Klagen zurückzunehmen. Vertraglich verpflichtet ist Stuhr weiterhin, den Interessenausgleich „positiv darzustellen“, der mit Bremen erreicht wird: Ein sieben Meter hoher Lärmschutzwall soll die An

wohnerInnen vor den Turbinen-Geräuschen der Flugzeuge schützen, und Bremen will den ca. 300 Eigenheim -BesitzerInnen des betroffenen Stuhrer Ortsteils Kuhlen bis zu einem Höchstsatz Schallschutz-Maßnahmen bezahlen. Dies bis 130.-Mark pro Quadratmeter Wohnfläche und rückwirkend für Maßnahmen seit 1985, wenn die Häuser vor 1974 gebaut wurden. Allerdings würde dazu nach der Schallschutz-Ver

ordnung auch die Decken Dämmung gehören. Da dies in den meisten betroffenen Häusern mit Holz-Decken nicht möglich sein dürfte, hat Stuhr vorsorglich einen Sonder-Passus ins Vertragswerk gebracht: für Wohnungen, die die Anforderungen der Schallschutz -Verordnung nicht erfüllen, können nach einem „vereinfachten Förderungsverfahren“ bis zu 50 Prozent der Kosten und bis zu 50.-Mark pro

Qaudratmeter erstattet werden.

Die GegnerInnen der Flughafenerweiterung, allen voran Hans -Joachim Klaje, sind mit den Entschädigungen nicht zufrieden. Sie befürchten vor allem, daß in dem Vertrag ein erstes Tor für die allgemeine Flughafen-Erweiterung aufgemacht ist: Auch „sonstige Güter“ der Luft- und Raumfahrt können auf der verlängerten Startbahn abgeflogen werden. Der Vertrag kann zudem durch Weisung aus Bonn für nichtig erklärt werden, wenn übergeordnete Interessen geltend gemacht werden.

Ob Lärmschutz- und Entschädigungs-Regelungen für Bremer Flughafen-AnwohnerInnen genauso gelten, wird der Senat am kommenden Dienstag beraten müssen. Derzeit offen ist auch noch, ob der Bauer Wehmann in Gesprächen mit dem Häfen -Senator Konrad Kunick nachgegeben hat: Ihm war vor Jahren, als er Land für den Flughafen freiwillig abtrat, versprochen und per Grundbuch-Eintragung zugesichert worden, daß die Beton-Piste nicht näher an seine verbleibenden Ländereien herangebaut werden soll.

Für die Starbahn-Gegner ist die Verletzung von „Treu und Glauben“ gegenüber dem Bauern Wehmann ein Symbol dafür, wie sehr man der Bremer Landesregierung Glauben schenken darf. K.W