Kröning für Liebeszellen im Knast

■ Gefangene sollen Partnerinnen unbeaufsichtigt empfangen dürfen / Bremer Liberalisierungsvorhaben nach italienischem Vorbild / SPD-Politiker fürchtet „entwürdigende Situationen für die Frauen“

Werden die Gefangenen des Oslebshauser Männer-Knastes demnächst unbeaufsichtigt Damenbesuch empfangen dürfen? Als erstes Bundesland wird Bremen im Rahmen der Umstrukturierung seiner Justizvollzugsanstalten möglicherweise weitgehende Reformen im Sinne einer angemessenen Vorbereitung auf die Haftentlassung durchführen. Weil nach der Kündigung des Knastabkommens mit Hamburg zunehmend auch Gefangene mit Haftstrafen bis zu acht Jahren (bisher: vier) in Oslebshausen einsitzen, stellt sich für die Resozialisierungs-Bemühungen verschärft das Problem der Sicherung der sozialen Zusammenhänge, die durch jahrelange Trennungen von Ehen und Partnerschaften bedroht sind. Justizsenator Volker Kröning brachte die Idee von einer international besetzten Tagung mit. Sein italienischer Kollegen Niccolo Amato, ehemals Chefankläger gegen Rotbrigadisten, heute profilierter Strafvollzugsreformer, ist nämlich Befürworter von „Liebestunden“ für Gefangene und Zusammenlegungen nach Wunsch (vgl. taz 29.3.)

Kröning „streute“ die Idee, um die Reaktion in Bremen zu testen und zu erkunden, ob sich Mehrheiten dafür finden lassen, bevor er selber sich entschließt, ob er die spektakuläre Reform-Idee vertreten will. „Wenn das auf den Tisch der Deputation käme“, so erklärte gegenüber der taz Justiz-Senatsdirektor Manfred Mayer-Schwinkendorf, werde die „traditionell liberale Bremer Behörde“

auch diese „sehr schwierige Debatte“ vorurteilsfrei prüfen.

Der Teufel steckt natürlich im Detail. Wie lange darf der Besuch bleiben? Eine Stunde? Zwei? Sind nur Ehefrauen zugelassen oder auch freie Partnerinnen? Und: Wer prüft das? Sollen besondere Räume eingerichtet und ausgestattet werden?

Der Jurist und ASJ-Bundesvorsitzende Host Isola erinnert sich an eine ähnliche Kampagne in den 70er Jahren. Damals gab es in Bremen eine Massen-Petition von Gefangenen und ihren Angehörigen mit über 100 Unterschriften für den „unbeaufsichtigten Besuch“ im Knast, wie es in skandinavischen und auch lateinamerikanischen Ländern längst üblich ist. Noch unter Justizsenator Kahrs hatte man sich damals lieber für Ausgang und Freizeit als für Liebesnester hinter Gittern entschieden. Zu groß war die Angst vor unkontrollierbarem Drogenschmuggel - und auch vor Zuhälterei im Knast. „Entwürdigend vor allem für die Frauen“ findet Isola den Gedanken, die Frauen den Gefangenen „gewissermaßen zuzuführen“.

Aus Sorge vor moralisch gefärbten Mißverständnissen, die die Reform-Idee diskreditieren könnten, verfolgt der Justizsenator die Politik der kleinen Schritte. Wenn zunächst nur Ehefrauen berechtigt wären, ihren Gatten im Knast für einige Stunden Zweisamkeit zu besuchen und wenn dabei nichts schief geht, kann im folgenden eine Öffnung der Mauern auch für Le

bensgemeinschaften erprobt werden. Mayer-Schwinkendorf: „Sowas geht ja immer nur - wie auch bei Sport im Knast -, wenn alles anständig läuft und nicht ausgenutzt wird. Man muß immer wieder einen Vertrauensvorschuß bringen.“

Das sieht die CDU ganz anders. Justiz-Deputierter Peter -Michael Pawlik: „Besuch ist grundsätzlich nur unter Aufsicht möglich. Ausnahmen gibt es bei Gefangenen, die sich als geeignet erwiesen haben.“ Seine Parteikollegin Sigrid Koestermann kann sich dagegen vorstellen, „daß das eine gute Sache ist, die man auch im Anstalts-Beirat diskutieren kann.“

Knastleiter Erhard Hoffmann

hatte gestern seinen letzten Arbeitstag. Wie so oft entwickelte er spontan die phantasievollsten Ideen, um den Knast, „den wir leider immer noch haben“, menschlich zu gestalten. Wenn überhaupt müßte es ein kleines Haus geben, wo Paare gemeinsam im Doppelzimmer das Wochenende verbringen könnten: „Aber das ist ja Utopie. Alles andere finde ich entwürdigend, eine menschenunwürdige Situation wie im Stundenhotel, daß sich so eine Frau hinlegen soll zu einem bestimmten Zeitpunkt, auch wenn die Frauen das selbst wollen und so sehr ich auch die Nöte der Gefangenen sehe.“

Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokrati

scher Frauen (ASF), Jutta Kellmann-Hoppensack, ist persönlich „spontan sehr zwiespältig“ und bezweifelte, ob „der Kontakt durchs Bett gefestigt“ werden würde. Würde dieses Privileg nur einigen eingeräumt, sei allerdings „ein Einfallstor, ein Dammbruch“ zu befürchten. Eine ASF-Position gibt es zu dem Thema bislang noch nicht.

Der neue Knastleiter, Hans-Henning Hoff, wollte sich vor Amtsantritt noch nicht zu so präkären Fragen äußern. Er hat es sich erklärtermaßem zum Ziel gesetzt, durch Therapie und verstärkte Resozialisierungs-Bemühungen gerade hinter Gittern spätere Rückfälle der Gefangenen zu verhindern. Susanne Paa