„Diskussion eröffnen“

■ Frankfurter Autonome, Antiimps, universitäre Linke Liste und grüne Fundamentalisten saßen auf einem Podium / Eine Veranstaltung zum Hungerstreik /

Mit 20 Minuten Verspätung begann am Donnerstag abend die Veranstaltung im Hörsaal VI. Der Frankfurter Universitätspräsident Ring hatte den traditionsreichen Raum für die von der universitären Linken Liste zum Hungerstreik der RAF-Gefangenen organisierte Veranstaltung sperren lassen. Die DiskutantInnen verschafften sich dennoch Einlaß.

„Die Diskussion eröffnen“ hieß das Motto, und tatsächlich wurden zum ersten Mal in der Main-Metropole die unterschiedlichen Positionen von Autonomen, universitärer Linker Liste, von „Antiimps“ (die das Konzept des antiimperialistischen Kampfes der RAF als ihre politische Basis ansehen) und grünen Fundamentalisten deutlich.

Die Antiimps halten zur Zeit das Büro der Grünen im Ex-KBW -Haus in der Mainzer Landstraße 147 in Frankfurt besetzt. Sie fordern dort eine ganze Etage für sich. „Ich habe immer versucht zu begreifen, warum die in Frankfurt so viele Räume brauchen“, wundert sich eine aus Hamburg angereiste Frau vom „Initiativkreis zum Erhalt der Hafenstraße“. In Hamburg habe es ein breites Bündnis gegen Isolationshaft und für Zusammenlegung gegeben. Demgegenüber gingen die Frankfurter Besetzer auf Kollisionskurs. Sie verurteilten die derzeitigen Verhandlungen um die Zusammenlegung als Manöver des Staates und der ihn tragenden Gruppen, zum Beispiel der Grünen. Damit sollten die Gefangenen in eine Kleingruppen -Isolation gezwungen und „die Bewegung gekippt oder gespalten“ werden.

Die Autonomen nannten die Zusammenlegung einen Schritt im „sich verbreiternden Knastkampf“, der auf Dauer auch die sozialen Gefangenen einbeziehen müsse. Der §129a und die Haftbedingungen der RAF träfen auch jene, die bei der „direkten Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums“ mit der Staatsgewalt konfrontiert würden. Dem RAF-Hungerstreik müßten sich auch andere Gefangene mit „eigenen Vorstellungen“ anschließen können. Sie hätten oft genug - im Gegensatz zu den sogenannten politischen Gefangenen - eher gegen eine Zusammenlegung in „zwangsweise Wohngruppen“ zum Zweck der gegenseitigen „sozialen Kontrolle“ zu kämpfen. Ähnlich argumentierte auch die Linke Liste. Ihre VertreterInnen forderten den - kritischen - Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen. Gleichzeitig setzten sie sich mit der „Militärstrategie“ und dem „Kriegsbegriff“ der RAF auseinander, der durch einen „breiteren Subversionsbegriff ersetzt“ werden müsse.

Die grüne Fundamentalistin Manon Tuckfeld schließlich setzte sich für eine Zusammenlegung der Gefangenen „in zwei große Gruppen“ ein. Außerdem sei eine Amnestie „überfällig“, und zwar „nicht als Gnade, sondern aus Gerechtigkeit“. Die Rednerin erntete wie auch die Linke Liste im vollbesetzten Saal heftigen Beifall.

Die Abgesandte des Initiativkreises Hafenstraße schilderte beredt den großen Hamburger Konsens. Eine Auseinandersetzung mit der Politik der RAF hielt sie allerdings erst dann für möglich, wenn die Zusammenlegung durchgesetzt sei. Sie forderte auf, an den Universitäten dafür zu streiken.

Auf die Frankfurter Probleme mit dem „breiten Konsens“ wies eine Mitarbeiterin des besetzten Hauses hin. Dort arbeiten über 20 linke Gruppen, die den Besetzern eine Frist bis zum 5. April eingeräumt haben, die von ihnen beanspruchte Etage wieder zu räumen und sich in zwei ihnen zugestandene Räume zurückzuziehen. Sie nannte das Verhalten der Besetzer die „schlechteste Form der Unterstützung für den Hungerstreik, wenn sich hier linke Gruppen gegenüberstehen“. Die Besetzer hielten dagegen, diese Gruppen seien weitgehend „nicht mehr links“. Der Immobilientausch mit der Commerzbank, auf den sich die kollektiven BesitzerInnen des Hauses eingelassen hätten, beweise das.

Heide Platen