Standbild: Hanswurst der Nation

■ Flitterabend mit Michael Schanze

(Flitterabend mit Michael Schanze, Samstag, 1.Apirl, 20.15 Uhr, ARD) Daß die Fernsehansagerin vor der Show mit strahlendem Lächeln „Viel Vergnügen“ wünschte, kann im nachhinein nur als Aprilscherz aufgefaßt werden. Die Sendung selbst jedoch leider nicht.

Die Erfahrung hat einen gelehrt, daß zur besten Sendezeit selten Niveauvolles ins Wohnzimmer rieselt, und man wappnet sich entsprechend. Doch selbst bei größter Bereitschaft zur leichten Muse - das ist zuviel. Von Leichtigkeit übrigens keine Spur. Michael Schanze stolperte zwar voller Elan auf die Bühne und dämmte den Jubel der Claqueure mit einem routinierten „Gemach, gemach“, doch ansonsten gebärdete er sich sogar noch dilettantischer als Hape Kerkeling, dem man das aber aufgrund mangelnder Erfahrung vielleicht nicht ganz so übel nimmt. Es ist ja noch nicht so schlimm, daß Schanze die Namen der drei Kandidatinnen nicht auseinander halten kann, und auch sein nervtötend neckisches Geplänkel, beispielsweise über die Ehemänner („Also dieser Anzug, ist der nicht mausestark, also das muß man mal...) läßt sich noch als Übersprungshandlung interpretieren. Aber daß er schließlich mit angestrengtem Blick auf sein Konzeptblatt einen Gesprächsteil einleiten wollte, der eine Sekunde zuvor bereits erschöpfend abgehandelt wurde, das macht doch stutzig. Auch sonst warf den Ärmsten jede Unregelmäßigkeit gleich aus dem Text. Ja, in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ist das Vergnügen genau geplant, da muß jede Spontaneität abgehakt werden. Wenn es wenigstens funktionierte... Durch übertriebene Betulichkeit versuchte Michael Schanze seine Unkonzentriertheit wettzumachen und enthüllte immer deutlicher die Lächerlichkeit dieses Brautpaar-Quizzes. Sie mußten einige läppische Aufgaben lösen, saßen ansonsten auf Barhockern und wären wahrscheinlich schon lieber in den Flitterwochen gewesen. Aber mitgegangen, mitgefangen. Drei frischgebackene Ehepaare, sechs erwachsene Menschen, wurden behandelt wie Kleinkinder. Durch dieses Dududu-haitatai-Getue machte sich Schanze zum Hanswurst des gesamten Sendegebietes. Ob er es nicht merkte? Als Gäste waren unter anderem Jürgen von der Lippe, Walter Momper und Carlo Thränhardt geladen. Eine markante Zusammenstellung. Hier wird jeder satt. Die beiden letzteren brachten für die Dauer ihrer Anwesenheit einen Hauch von akzeptablem Small talk auf die Bühne. Dann aber gab von der Lippe einen Sketch...

Weder wußte man, was das Ganze soll, noch konnte man wenigstens lachen. Nicht einmal lächeln. Selbst den hartgesottensten ZuschauerInnen gefror das Gesicht, als der Showmaster es schließlich mit einem Gag versuchte, der zweifelsfrei unterhalb der Gürtellinie angesiedelt war. Drei Männernachthemden wurden vorgeführt, eines davon oberschenkelmitte-kurz. Dieses nannte er „Modell Schnellschuß“ und freute sich diebisch über seinen gelungenen Witz. Leider war er der einzige, der sich darüber amüsierte.

Das mit großer Geste angekündigte Zauberpärchen aus England - beschämend. Über den Rest breite ich Schweigen. Es ist besser so. Man könnte diese ganze Veranstaltung ja einfach ignorieren, aber es ist so erschreckend typisch für das Gros der sogenannten Unterhaltungssendungen. Muß das immer in Volksverdummung ausarten? Man erwartet ja nicht viel. Doch wenn Schanze die Leute im Saal dazu auffordert, in die Kamera zu winken und zu rufen „Mami, ich bin im Fernsehen“, dann grenzt das schon an bewußte Vermeidung jeglicher Intelligenz. Nein, so etwas haben wir noch nicht nötig. Noch nicht!

Petra Kohse