Jusos: Absage an Lafontaine

Der stellvertretende SPD-Vositzende Lafontaine stieß auf dem Juso-Bundeskongreß in Osnabrück auf wenig Gegenliebe / Jusos: Neues Grunsatzprogramm der SPD nebulös und Banal / Lafontaines Anhänger zogen aus  ■  Aus Osnabrück Jürgen Voges

Durchgefallen ist Oskar Lafontaine bei seinem ersten Auftritt als Stellvertretender SPD-Vorsitzende beimBundeskongreß der Jungsozialisten. Der Saarländische Ministerpräsident hatte gestern nachmittag den Kongreß in Osnabrück schon wieder verlassen, da beschloß die marxistisch orientierte Juso-Mehrheit, daß das unter Vorsitz von Lafontaine ausgearbeitete neue SPD-Grundsatzprogramm „nebulös und banal“ sei und schon „am Tag nach seiner Verabschiedung keinen Bestand haben“ werde. Der Saarländische Ministerpräsident selbst sei ein „moderner Sozialliberaler“, dessen „Vorstöße die bisherige Linke in der SPD aufgespalten und paralysiert“ hätten.

Bei nur einigen Gegenstimmen wurde am Ende des Kongresses dieser Antrag der Mehrheit im Juso-Bundesvorstand gegen den „Lafontainismus“ letzlich verabschiedet. Vorausgegangen war dem jedoch eine lange Geschäftsordnungsdebatte: Ein Antrag auf nicht Nichtbefassung des Anti-Lafontaine-Antrages wurde zunächts mit 144 zu 144 Stimmen abgelehnt. Schließlich zogen die „undogmatischen“ Lafontaine-Anhänger, die eher reformsozialistischen Jusos, aus dem Saal in der Osnabrücker Stadthalle aus.

Dabei schienen die Jusos dem stellvertretenden SPD -Vorsitzende auf ihrem Kongreß zunächst geradezu den Roten Teppich auszubreiten. Die reformsotzialistische Juso -Vorstandsfrau Doris Ahnen empfahl am Samstag im Namen des Juso-Bundesvorstandes vor der Presse Oskar Lafontaine als SPD-Kanzlerkandidaten und plädierte für eine von den Saarländer geführte rot-grüne Koalition in Bonn nach der Bundestagswahl. Doch der programmatische Antrag, in dem die Reformsozialisten sich für „rot-grüne Reformpolitik“ und „gestaltbare Zukunftsperspektiven“ und für die „insbesonders von Lafontaine propagierten“ wirtschaftpolitischen Vorstellungen aussprachen, hatte in Wirklichkeit weder im Juso-Bundesvorstand eine Mehrheit, noch fand er diese auf dem Kongreß: Schließliche wurde der Antrag zurückgezogen.

Am gestrigen Morgen fiel schon die Begrüßung des Stellvertretenden SPD-Vorsitzenden durch die Jugendorganisation seiner Partei ausgesprochen kühl aus. Kaum Beifall beim Einzug in den Saal aber dann doch immerhin für den zweiten Teil seiner programmatischen Rede, in der er zum „Frieden mit der Natur“, zur „Solidarität mit den kommenden Generationen“ und zu einem „Neuen Internatioanalismus“ aufrief. Sehr viel Applaus für den Satz: „Unsere Tradition verpflichtet uns, das Recht auf Asyl niemals in Frage zu stellen.“

Zu Begin seiner Rede hatte der 2. Vorsitzende der SPD -Programmkommission allerdings noch einmal seine Vorstellungen zur Zukunft der Arbeit skizziert, hatte wiederum für einen „neuen Arbeitsbegriff“ geworben. Dieser umfaßte die wachsende Bedeutung der informellen nicht über den Markt vermittelten Arbeit ebenso, wie die Forderung nach allen Formen von Verkürzung entlohnter Arbeit bis hin zur Forderung nach mehr Teilzeitarbeit. Um das alles zu finanzieren, schlug Lafontaine wiederum eine „Erweiterte Nutzung des Kapitalstocks“ durch „Wochenendarbeit“ vor.

„Oskar entwickelt hier die Backförmchen einer Sandkastendemokratie“, Lafontaine mache die SPD „zur großen deutschen Kuschelpartei, antwortete darauf die Juso -Bundevorsitzende Susi Möbbeck. Lafontaine vertrete den Irrglauben, man könne einen solidarisch-sozialistischen Reformweg einschlagen, der die zentralen ökonomischen Macht und Verteilungsstrukturen unverändert lasse. Der neue Programmentwurf der SPD dokumentiere zwar Lernfähigkeit der Partei in der Ökologiefrage, der Frauenemanzipation und bei den internationalen Beziehungen, sei jedoch ein Programm der Harmlosigkeit bei den entscheideneden Macht und Verteilungsfragen.

Die Juso-Bundesvorsitzende mochte sich zwar weder für noch gegen einen Kanzlerkandidaten Lafontaine aussprechen. Doch sie nannte das Verhältnis eines zukünftigen Kandidaten zu den Gewerkschaften, insbesondere zur IG Metall eine “ Schlüsselfrage. Einig waren sich aber Lafontaine und die Mehrheit des Kongresses aber darüber, daß man jetzt weder über den zukünftigen Kandidaten noch über eine Koalition diskutieren wolle