Migräne und Schmerzen im Arm

Ein 2:5 gegen die favorisierten Herren aus Schweden beendete am Sonntag das Wechselbad der Gefühle für den DTTB: Jetzt kämpft man bei der Weltmeisterschaft in Ruhe um Platz 5 bis 8  ■  Aus Dortmund Petra Höfer

„Das ist ja unsere Hoffnung“, hatte der Präsident des Deutschen Tischtennisbundes (DTTB), Hans Wilhelm Gäb, am Samstag abend noch orakelt, „daß man einfach härter wird, wenn man solche Enttäuschungen einmal überwunden hat.“ Nach dem Wechselbad der Gefühle in den letzten drei Tagen dürfte das DTTB-Team zu den mental stärksten der Branche gehören: Ein rabenschwarzer Freitag, ein glückseliger Samstag mit dem „Gerade-noch-geschafft„-Einzug ins Viertelfinale und ein unglücklicher Sonntag, an dem man vor lauter Los-Pech ausgerechnet gegen den WM-Favoriten Schweden anzutreten hatte. Also wieder Kummer im Pingpong.

Samstag abend noch war einer jubelfroh durch die Luft gesegelt: Steffen „Speedy“ Fetzner, 20jähriger deutscher Vizemeister, hatte den früheren Doppel-Weltmeister und Olympia-Vierten Tibor Klampar „eigentlich uneingeplant“ mit einem 2:1 vom burgundroten Bodenbelag geschickt und dem DTTB anschließend mit einem 2:0 gegen Zsolt Harczi eine 5:1 -Freude gegen Ungarn bereitet, da schwebte er schon auf den wohltrainierten Armen seiner Teamkollegen in den siebten Tischtennis-Himmel.

Nach dem erhofften 5:3-Sieg der Chinesen und der vormittäglichen 5:3-Schützenhilfe der Ungarn über Belgien war Speedys Team nämlich noch gerade eben ins Viertelfinale geschlittert - das Pflichtziel war erreicht. Charles Roesch, der im August in Pension gehende Chef-Trainer des DTTB, bekam doch noch ein hübsches „Abschiedsgeschenk auf die Treppe gelegt“, fand Präsident Gäb. Knapp 24 Stunden zuvor hatte man schließlich noch „schwer verloren“ (Gäb). Die neue, die ruhmreiche Tischtennis-Zukunft schien restlos verhagelt.

Nach Freitagsleid und Samstagsglück kollerten am Sonntag weitere Stolpersteine ungerührt in den WM-Pfad des DTTB -Teams: Als umstrittene Pechmarie bekam es den härtesten zur Verfügung stehenden Gegner ins Viertelfinale gelost, und ausgerechnet Georg Zsolt-Böhm, der als „Schweden-Schreck“ den Betroffenen zur 87er WM in Neu Delhi immerhin drei der vier Punkte abgeknöpft hatte, trieb es mit „Migräne“ heim zur elterlichen Arztpraxis in Paderborn.

„Die einen klagen nach schweren Spielen über müde Beine“, befand Trainer Roesch, den Böhm dereinst schon unfreundlich „Arschloch“ tituliert hatte, „bei ihm sitzen die Schwierigkeiten im Kopf.“ Herr Böhm soll gegen 16 Uhr 30 wieder aufgetaucht sein. Der gesamte DTTB stellte sich freundlich hinter ihn: Die Abreise sei abgesprochen gewesen. Ohne Böhm und Wosik (ihm schmerzte der Arm) lag das WM -Schicksal des DTTB also in den Händen der Teenies und Twens. Jürgen Roßkopf (19), Steffen Fetzner und der erst 17jährige Linkshänder Peter Franz schlugen sich zwar großartig, aber leider erfolglos gegen schwedische Topspins. Fetzner verlor mit einem bemerkenswerten 20:22, 15:21 gegen Vize-Weltmeister Jan-Ove Waldner, Roßkopf mit 24:26 und 10:21 gegen Europameister Appelgreen. Einen der zwei DTTB -Punkte holte „Rossi“ aber immerhin gegen Jan-Ove Waldner.

Peter Franz schließlich, DTTB-Nesthäkchen und Hobbyangler aus Niedersachsen, war beim Stande von 4:1 gefeierter Pingpong-Held des Tages, als er Appelgreen unter mächtigem Applaus der 8.000 Zuschauer 10:21, 21:19 und 15:21 einfach besiegte. Daß er zuvor gegen Ex-Europameister Jörgen Persson unterlag, war - ebenso wie der 2:5-Endstand - keine Überraschung.

Im Herren-Wechselbad der Gefühle werden die Damen derweil nur noch am Rande bemerkt. Sie schlugen die polnische Mannschaft mit 3:1 und qualifizierten sich mit einem Sonntagssieg über Frankreich für das Spiel um Platz 17.