: „Exxon„-Chef entschuldigt sich bei der Natur
■ Ölkonzern startet ganzseitige Anzeigen in US-Zeitungen / Leider können Tiere nicht lesen / In Alaska stirbt die Flora und Fauna weiter / Tierschützer machen sich im Prince-William-Sund breit / Verschreckte Tiere flüchten ins ölverschmutzte Wasser
Washington/Valdez (afp) - Der Chef des Ölkonzerns „Exxon“ hat sich am Montag in ganzseitigen Zeitungsanzeigen persönlich bei den Amerikanern für die Ölpest entschuldigt, die der havarierte Supertanker „Exxon Valdez“ vor der Südküste des US-Bundesstaates Alaska verursacht hat. In den Anzeigen, die von den größten amerikanischen Tageszeitungen veröffentlicht wurden, hieß es wörtlich: „Ich möchte Ihnen mitteilen, wie leid es mir tut, daß dies geschehen ist. (...) Natürlich können wir das Geschehene nicht rückgängig machen, aber ich versichere Ihnen, daß wir dem Unfall seit dem 24. März unsere ganze Aufmerksamkeit widmen und daß er weiter unsere oberste Priorität darstellen wird.“
Unterdessen hat die französische Umweltbewegung „SOS Environnement“ die Autofahrer zum Boykott der Exxon -Erzeugnisse aufgerufen, wenn der Ölkonzern nicht unverzüglich finanzielle Maßnahmen ankündige, um „langfristig den Prinz-William-Sund nach der Havarie des Supertankers 'Exxon Valdez‘ ökologisch wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen“. Der riesige Ölteppich vor Valdez hat bereits irreparable Umweltschäden verursacht und rund 1.200 Kilometer Küstenstreifen verunreinigt. Täglich fallen dem Ölfilm zahlreiche Seevögel, Robben, Otter und Fische zum Opfer.
Offiziell wird die Schuld an der Umweltkatastrophe dem Kapitän der „Exxon Valdez“ gegeben, der zum Zeitpunkt des Unglücks angetrunken war und einen untergeordneten Offizier ans Steuer des Supertankers gelassen hatte. Das Schiff, das kurz zuvor in Valdez betankt worden war, war bei einem schwierigen Ausweichmanöver auf ein Riff aufgelaufen. Die Beseitigung des Ölteppichs, die bislang nur äußerst schleppend vorangeht, wird den „Exxon„-Konzern vermutlich über hundert Millionen US-Dollar kosten. Hinzu kommen noch mehrere hundert Millionen Dollar Entschädigung für die Fischer und anderen Geschädigten in der für ihre Artenvielfalt berühmten Region.
Umweltschützer und Vertreter der Behörden von Alaska befürchten, daß das für die Eindämmung der schlimmsten Ölpestfolgen im Prinz-William-Sund eingesetzte Großaufgebot von Säuberungspersonal und Forschern mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen könnte. In dem normalerweise fast menschenleeren Schärengebiet des Sunds tummeln sich plötzlich Scharen von Menschen, darunter Kamerateams und Journalisten, die die Auswirkungen der Ölpest möglichst nah unter die Lupe nehmen wollen.
Umweltschützer meinen, viele der wildlebenden Tiere würden verschreckt und ins ölverschmutzte Wasser zurückgetrieben, was für sie den Tod bedeute. Die Folgen für die Umwelt, die durch den plötzlichen regen Verkehr von Flugzeugen und Hubschraubern aus der Luft drohen, sind noch nicht abzusehen. Wer weiß schon, wie wildlebende Tiere auf anhaltenden Lärm reagieren. Küstenwacht und Bundesluftfahrtbehörde haben inzwischen die Zahl der Presseflüge auf vier pro Tag begrenzt, den Seeottern, Robben und Walen aber dürfte es egal sein, wer da über sie hinwegdonnert.
Gefahr droht jedoch nicht nur den Tieren von der Ölpest, sondern auch den Helfern durch die Tiere. Ein mehr in der Theorie bewanderter Tierschützer habe einen ölverschmutzten Seeotter am Strand einfangen wollen und sei dabei in den Finger gebissen worden. Der Mann habe in einem Krankenhaus in Valdez verarztet werden müssen, sagte der Leiter der Umweltschutzbehörde von Alaska, Bruce Baker. Er warnte im Umgang mit Tieren Ungeübte davor, auf eigene Faust tätig zu werden. Das Einfangen von Tieren solte einer kleinen Gruppe speziell Ausgebildeter überlassen werden, forderte er. Baker macht sich auch Sorgen, daß die Helferscharen die jetzt aus dem Winterschlaf erwachenden Braun- und Schwarzbären anlocken könnten. Ein paar von der Mittagspause zurückgelassene Lebensmittelreste reichten schon. Sofort seien die Bären da und könnten zur Last werden. Das Resultat wäre, daß sie abgeschossen würden.
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