MBB, die Startbahn und ein Landwirt

■ Kunick präsentiert „vertrauensbildenden Vertrag“ mit Gemeinde Stuhr zur Startbahnverlängerung / Landwirt kann engen Zeitplan noch durcheinanderbringen

In gut einem Jahr, Mitte 1990, soll sie fertig sein, die verlängerte Startbahn des Bremer Flughafens. Da kann Häfensenator Konrad Kunick nichts ungelegener kommen als eventuelle Klagen von Anwohnern gegen die 600 zusätzlichen Betonmeter. Einen möglichen Kläger, die Gemeinde Stuhr, hat der Bremer Senat jetzt ruhig gestellt. Gestern, nach der Senatssitzung, stellte Kunick der Presse einen öffentlich -rechtlichen Vertrag mit der Gemeinde Stuhr vor (vgl. taz 31.3.), ein Vertrag, den Kunick für eine „vertrauensbildende Maßnahme“ gegenüber der skeptischen Bevölkerung hält.

Die mag immer noch nicht so recht glauben, daß die verlängerte Startbahn lediglich für den Abflug der Flügel des Airbus 330/340 genutzt wird. Kernstück des Vertrages ist daher die einklagbare Verpflichtung Bremens, den Betrieb auf der Startbahn auf die Beförderung des Airbusflügels oder anderer in der bremi

schen Luft-und Raumfahrtin dustrie hergestellten Güter zu beschränken. Kunick: „Das ist ein Vertrag ohne Wenn und Aber.“ Des weiteren verpflichtet sich Bremen allen Flughafenanrainern in den Lärmschutzzonen 1 und 2, egal ob sie nun in Bemen oder Stuhr leben, Lärmschutz zu finanzieren. Anders als bislang geplant, werden Schallschutzmaßnahmen auch rückwirkend finanziert, wenn sie nach dem 7.2.85 durchgeführt wurden.

Die Selbstbindung des Senats bedeutet allerdings nicht das endgültige Aus für den allgemeinen Flugverkehr. Auch Kunick sind Gerüchte bekannt, nachdem die Lufthansa bereits jetzt eine Klage gegen die Nutzungsbeschränkung für MBB erwägt. Kunick: „Wir sind aber guter Dinge, daß die Lufthansa nicht durchkäme.“ Für Europaflüge reiche die 2.034 Meter lange allgemeine Startbahn aus, und für USA-Flüge, für die die MBB -Bahn benötigt würde, fehle in der Region die Nach

frage, meint Kunick.

Ob der „vertrauensbildende“ Vertrag tatsächlich dazu führt, daß der enge Zeitplan eingehalten werden kann, ist durchaus noch zweifelhaft. Denn ein Landwirt an der Neuenlander Straße besteht auf der im Grundbuch festgehaltenen Zusage, daß die Landebahn nicht erweitert wird. Diese Grunddienstbarkeit will er sich auch durch Geldnicht abkaufen lassen. Seine Gattin gestern: „Wir wollen auf unserem Recht beharren. Mit Geld lassen wir uns nicht bestechen. Uns liegt daran, daß der Lärm für die Bevölkerung eingegrenzt wird. Die müßten den Anwohnern unheimlich entgegen kommen.“

FDP-Fraktionschef Claus Jäger hält den Abschluß des Vertrages für eine katastrophale Fehlentscheidung. Selbst wenn aufgrund leiserer Flugzeuge die Nutzung der verlängerten Bahn ohne zusätzliche Belastung der Anwohner möglich sei, könnte jeder Bürger dies verhindern.

hbk