Der Senat beginnt zu regieren

■ BVG-Umweltkarte für den Herbst geplant / Frauenhäuser mietfrei / Verteilung der Lotterie-Überschüsse gestoppt

Eine Umweltkarte für die BVG soll im Herbst dieses Jahres eingeführt werden. Sie wird übertragbar sein und soll 65 DM im Monat kosten. Das Jahres-Abonnement ist schon für 600 DM zu haben. Außerdem soll es eine Rentnerkarte für 50 DM geben. Das Parlament solle ausreichend Zeit haben, sowohl das Umweltticket als auch andere verkehrspolitische Maßnahmen zu diskutieren. Das Ticket sei nicht gedacht als Belohnung „für treues BVG-Fahren“, sondern solle vor allen Dingen AutofahrerInnen dazu bewegen umzusteigen. Für eine entsprechende Werbekampagne brauche man Zeit. Geplant hat der Senat des weiteren die Einführung von mehr Busspuren und Haltestellenkaps sowie verkehrsberuhigende Maßnahmen in Wohngebieten.

Daß die Umweltkarte erst im Herbst eingeführt wird, geschieht laut Verkehrssenator Wagner (SPD) nur aus umweltpolitischen Erwägungen. Finanzielle Überlegungen hätten dabei „keine Rolle“ gespielt. Die BVG schätzt den Einnahmeausfall auf zunächst etwa 60 Millionen DM jährlich, bei einem Defizit von 700 Millionen. Allerdings hofft man, durch die Steigerung der Fahrgastzahl die Verluste geringer halten zu können.

Der verkehrspolitische Sprecher der AL-Fraktion, Michael Cramer, erklärte der taz, der AL sei es lieber, das Umweltticket zunächst zurückzustellen und auf ein integriertes Verkehrskonzept hinzuarbeiten. Die AL pocht darauf, möglichst die S-Bahn-Strecke bis zum Olympia-Stadion auszubauen und verwies unter anderem auf den Kirchentag, der im Juni stattfindet. Bis dahin sollte der Ausbau fertig sein. Von der in einem „100-Tage-Programm“ zwischen den Koalitionspartnern festgelegten Absicht, sofort Busspuren auf dem Kudamm einzurichten, sei plötzlich „keine Rede“ mehr, kritisierte der Abgeordnete. Er möchte vorrangig 100 km Busspuren einführen und eine Taktverkürzung auf 10 Minuten bei der S-Bahn und bei Bussen und auf fünf Minuten bei der U-Bahn erreichen.

Gratis ins Frauenhaus

Die Frauen in den drei Berliner Frauenhäusern brauchen ab sofort nicht mehr drei DM pro Frau und 1,50 DM pro Kind zu bezahlen. Frauensenatorin Anne Klein erklärte gestern, die Einführung des Nulltarifs in den Häusern ginge auf einen Antrag der AL von 1987 zurück. Wenn die Eigenbeteiligung der Frauen wegfällt, wird es die Familienverwaltung insgesamt etwa 40.000 DM kosten. Frau Klein will versuchen, diese Kosten aus Landesmitteln erstattet zu bekommen.

Die Familiensenatorin stellte gestern außerdem den Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung des Unterhaltsvorschusses vor, das der Senat in den Bundesrat einbringen will. Vor allem für alleinstehende Mütter und Väter soll die Berechtigung für den Unterhaltsvorschuß nicht nur für Kinder bis zu sechs Jahren bestehen, sondern auch für Alleinerziehende mit Kindern bis zu zwölf Jahren ausgedehnt werden. Der Vorschuß wird in der Regel einer Frau, die von ihrem Mann keinen Unterhalt für das gemeinsame Kind bekommt, vom Staat vorgeschossen, der es dann wieder einzutreiben versucht. Die Bundesländer Bremen und Rheinland-Pfalz wollen die Initiative mittragen. Die 140 Millionen DM, die die Ausführung des Gesetzes voraussichtlich kosten wird, soll zur Hälfte vom Bund und zur anderen Hälfte von den Ländern aufgebracht werden. Es werde aber auch erwartet, daß rund 70 Mio. DM an Sozialhilfeleistungen auf diese Weise eingespart werden können.

Vorerst keine Auszahlung von Lotto-Überschüssen

Die Lotterie-Überschüsse der Deutschen Klassenlotterie können vorerst nicht verteilt werden. Der Senat zog gestern die drei vom CDU/FDP-Senat benannten Vertreter im Stiftungsrat der Deutschen Klassenlotterie zurück. Heinrich Lummer (CDU), Dankward Buwitt (CDU) und Günter Rexrodt (FDP) können nun nicht mehr mitentscheiden, wie der beträchtliche Kuchen verteilt wird. Da der Stiftungsrat nun nicht mehr beschlußfähig ist, wird zunächst überhaupt nicht mehr verteilt. SPD und AL hatten vereinbart, daß demnächst die Hälfte der Überschüsse direkt in den Landeshaushalt einfließen sollen. Um dies umsetzen zu können, bedarf es aber eines Gesetzes.

RiHe