: Q U E R S P A L T E Bitteres Ende
■ Zimmermann auf Großwildjagd in Namibia
Kohls Kabinetts-Recycling zur Wiedererlangung alter Wählermassen hat ein erstes Opfer gefordert. Friedrich Zimmermann (CSU), treuer und langjähriger Bundesgenosse im zähen Kampfe gegen Chaoten, Vermummte, Ausländer und kommunistische Postbeamte, muß gehen. Zimmermann hat die schmerzliche Nachricht offenbar bereits erhalten. Nur so ist es zu erklären, daß sich der Minister zur Großwildjagd nach Namibia abgesetzt hat, wo er inmitten von lauter Ausländern, noch dazu kohl-rabenschwarzer, fesselnde Stunden bei dem Versuch erlebte, Nashörnern und anderem Groß-Getier zwischen die Augen zu schießen.
Zur selben Zeit brütete das Kabinett mit dem Kanzler zu Hause kompetenzlos in einem lange vereinbarten Koalitions -Spitzengespräch über Ausländer- und Asylpolitik. Die FDP hat mit „ungläubigem Erstaunen“ ('dpa‘) die Abwesenheit des zuständigen Ressortchefs zur Kenntnis genommen. Sie weiß offenbar noch nichts von Zimmermanns politischem Ende.
Auch Parteifreunde, die sich darüber aufregten, daß sich der Minister im Jahrhundert geirrt habe und sich nur deshalb in der Manier eines aristokratischen Kolonialherren in der Sänfte durch den Busch tragen ließe, während zu Hause die Asylanten auf dem Tisch tanzen, wissen noch nichts von Zimmermanns Abgang aus dem Kohlschen Kegelclub. Sie regten sich darüber auf, daß mit Großwildjägereien vielleicht die Rhinoze-Russen, aber nicht die flüchtenden Wähler am rechten Rand einzufangen sind, denn das sind lauter „kleine“ Leute, deren waidmännische Instinkte sich auf die erste Strophe des Jägers aus Kurpfalz beschränken. Außerdem würden Umweltschutz-Sensibilitäten der geneigten Wählerschaft (Artenschutz, rote Listen, rettet die Nashörner!) durch derartige Expeditionen ins Urwald-Unterholz sträflich mißachtet.
Offen blieb gestern in Bonn, ob Zimmermann mit seinem Jagd -Ausflug suizidale Absichten verfolgt. Spätestens seit dem jähen Straußschen Ende im Forste derer zu Thurn & Taxis müßte Zimmermann vor Jagdausflügen aller Art gewarnt sein. Nach der Schmäh, aus dem Kabinett gejagt zu werden, hat er aber - das wird mehr und mehr zur schaurigen Gewißheit - das hohe Risiko bewußt in Kauf genommen, bis zuletzt auf den Spuren seines einstigen großen Vorsitzenden FJS.
Manfred Kriener
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen