Vorgezogene Geburtstagsfeier für Adolf Hitler im Gailinger Amtsblatt

CDU-Gemeinderat würdigt Hitler als Soldat in der Aprilausgabe des Gemeindeblattes / Geschichte „nicht nur aus der Sicht der Sieger“ / Bürgermeister kann nichts Böses finden  ■  Aus Konstanz Holger Reile

Während in Stuttgart schon die ersten rechtsradikalen Wandschmierereien zu „Führers“ 100. Geburtstag am 20. April aufgetaucht sind, „feiert“ das Amtsblatt der Gemeinde Gailingen im Landkreis Konstanz bereits im Vorfeld. In der Aprilausgabe des Gemeindeblattes wird unter dem Titel Denkwürdige Daten der Zeitgeschichte auch der 20.April berücksichtigt. Der für diese Rubrik zuständige ehemalige CDU-Gemeinderat Heinz Rall würdigt Hitler als Soldaten des Ersten Weltkriegs und weist auch noch darauf hin, daß Hitler Träger „des selten verliehenen Eisernen Kreuzes“ gewesen sei.

Der Gailinger Bürgermeister Heinz Brennenstuhl, verantwortlich für den Inhalt seines Gemeindeblattes, kann die Kritik an den Rallschen Entgleisungen nicht verstehen. Er vermutet dahinter eher „bestimmte politische Kräfte, die die Gemeinde Gailingen in den Dreck ziehen wollen“. Seiner Auffassung nach müsse in einer Demokratie jeder seine Meinung sagen dürfen.

Dabei ist es nicht das erste Mal, daß Heinz Rall in seiner Rubrik Denkwürdige Daten der Zeitgeschichte für Wirbel sorgt. Letztes Jahr, im Februar 1988 - Rall verwendete bezeichnenderweise die altgermanische Monatsbezeichnung „Hornung“ 1988 - würdigte er rückblickend SS-Oberst Rudels 1000.Frontflug während des Zweiten Weltkriegs, in einem anderen Fall verharmloste er auf zynische Weise das Konzentrationslager Heuberg. Trotz der massiven Kritik aus der örtlichen Bevölkerung steht Bürgermeister Brennenstuhl fest hinter seinem Duzfreund Rall. Der sei eben dafür bekannt, daß er die deutsche Geschichte „nicht nur aus der Sicht der Sieger“ sehe.

Die permanente Verharmlosung des Naziterrors in ihrem Gemeindeblatt registrieren viele Gailinger mit Entsetzen. Bis vor wenigen Jahrzehnten hatte Gailingen eine große jüdische Gemeinde, und die wurde bis 1945 von den Nationalsozialisten fast vollständig vernichtet.