Chefin und Mutter

■ Karrierefrauen im Traditionsverein: Führende Frauen wollen Männern Zeit zum Umdenken geben / Veränderungen gesellschaftlicher Bedingungen gefordert

Wenn an einem Podium eine Reihe führender, fachlich kompetenter und bekannter Persönlichkeiten sitzen, ist das eigentlich nichts besonderes, es sei denn - es sind ausnahmslos Frauen. Dann aber kann es eigentlich nur ein Thema geben: Wie kommen die da hin?

Über „Frauen in Führungspositionen“ wollten die vorwiegend älteren BesucherInnen am Dienstag abend auf einer Veranstaltung des Bremer Traditionsvereins „Union von 1801“ diskutieren. Eingeladen waren Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger, Gleichstellungsbeauftragte Ursula Kerstein, Radio -Bremen-Direktorin Karola Sommerey und mit Angela Ost und Birgit Martens auch zwei Führungspersonen der Wirtschaft. Und trotz ihrer unterschiedlichen beruflichen Laufbahnen konnten sie über eine

Reihe gleicher Schwiergikeiten berichten.

Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen mußten sie überdurchschnittlich Leistungen bringen. „Darunter litt und leidet natürlich das Privatleben“, sagte Ursula Kerstein. Vera Rüdiger wurde noch deutlicher: „Zu meiner Zeit mußte man sich noch entscheiden zwischen den beiden Alternativen Familie und Beruf“. „Der Kampf gegen Vorurteile und bestehende Beförderungsmuster mußte durchgestanden werden. „Ich war in einer Reihe von Positionenüberhaupt die erste Frau“, so Vera Rüdiger. Dies habe sich zwar verändert, trotzdem sei die Gleichstellung noch lange keine Selbstverständlichkeit. Ursula Kerstein: „Es gibt viele Frauen mit ausgezeichneten Qualifikationen. In aller Regel erhalten sie aber keine entsprechen

den Arbeitsplätze.“

Und weil sich dies ändern müsse, ging es den BesucherInnen auch mehr um die gesellschaftlichen Perspektiven als um die Biographien ihrer prominenten Gäste. Die Ausbildung von Frauen und Mädchen müsse weiter verbesssert, die Orientierung auf die „typischen Mädchenberufe“ verändert werden. Auch eine radikale Arbeitzeitverkürzung wurde gefordert und Kindererziehung dürfe keine frauenspezifische Aufgabe mehr sein. Auf Wunsch der Frauen müßten ihnen aber Möglichkeiten gegeben werden, sich zeitweise ausschließlich um die Kindererziehung zu kümmern, ohne ihre Berufs-Chancen zu verbauen.

Dies alles setze voraus, daß auch die Männer umdenken würden. Da seien wichtige Ansätze schon zu erkennen, aber ihnen

müsse auch Zeit gelassen werden. „Und was kann denn nun konkret verändert werden“, wollte eine Besucherin wissen. „Über Quotierung sind wir uns hier einig, das ist kein Thema“, versicherten Rüdiger und Kerstein. Die männlichen Seilschaften müßten durchkreuzt werden, solidarische Hilfe und Unterstützung für Frauen durch Frauen sollten zum täglichen Alltag gehören. Und mehr Mut und Selbstvertrauen der Frauen seien gefordert. „Die Männer kochen auch nur mit Wasser, die können sich nur besser verkaufen“, war Birgit Martens überzeugt. Trotzdem dürfe das aber nicht zu einem großen Leistungkdruck führen. Vera Rüdiger: Wenn Frauen genauso mittelmäßig oder schlecht wie Männer sein dürfen, dann haben wir die Gleichberechtigung erreicht“. om