TIEF DURCHATMEN

■ American Music Club im Ecstasy

„It becomes quiter and quiter and finally they disappeared.“ Mark Eitzels Blick hängt wehmütig zwei Mädchen nach, die den Showroom während einer seiner klagenden Balladen verlassen. Da waren es nur noch etwa 84 Zuhörer im Ecstasy, die sich nur schwer von den Videomonitoren lösen wollten, als zwei unscheinbare Amerikaner mit einer großen Halbakustischen zurückhaltend darauf aufmerksam machten, daß sie nun wohl anfangen zu spielen gedachten. Keine Vorband, nein, der Abend gehört ganz allein dem American Music Club. Tales from the dark side, Heimatlosigkeit, Sehnsüchte und Bedürfnisse jenseits des schwarzen Lochs und ewiges Herumreisen auf der Suche nach dem letzten Hafen, dem Anderen; und vielleicht ist Mark Eitzel der Mann, der die Antwort hat. Deswegen waren sie gekommen, genau das wollten die Leute hören.

Mittlerweile ist die gesamte Band auf der Bühne versammelt und tastet sich langsam zu den Instrumenten und der Atmosphäre vor, als hätten sie Angst, die dunkle Aura, die die Bühne von Anfang an umhüllt, könnte zerplatzen. Da weiß man, daß hier wieder eine degradierte Band an der kurzen Leine agiert, also keine Band im Sinne einer üblichen Gesamtdarbietung. Akustische Chauffeure durch die bedrängend klagend vorgetragenen Obsessionstrips in das chronisch depressive Interieur eines loosers trifft schon eher zu. Aber das machen sie ganz gut, und es ist geradezu niedlich anzusehen, wie sie sich in der rechten Bühnenhälfte drängeln. Fast so, als sollte dies der choreographische Ausdruck der klaustrophobischen Enge einer geschundenen Seele sein.

„What a show, hahahaha...“ Bitter und zynisch werden Mark Eitzels Zwischenkommentare, nachdem er sein Innerstes nach außen gesungen und die Hände durch das schon spärlicher werdende Haar gezogen hat, welches das gemarterte Hirn bedeckt. „This is another funny happy song“ - Schatten tiefer Verzweiflung verdunkeln die Szenerie. Mark Eitzel ist es aber immer noch zu hell, die Bühnenbeleuchtung wird nach und nach ganz weggeschaltet, bis die Band ganz im Dunkel versunken ist. Black, more black, man braucht uns nicht zu sehen, black. Die Seelenvoyeure im Publikum starren trotzdem weiter in Richtung der vermeintlichen Aktion, andere suchen in tiefen Blicken auf den Grund ihres Glases Schutz vor dem übergreifenden Dilemma.

Nach wie vor halten die wenigen Hartgesottenen respektvollen Sicherheitsabstand zur Bühne und bilden einen Graben zu dem persönlichen Elend und der jämmerlichen Schwermut. „This is the right music for your dish washes...“ Warum hat er es eigentlich nötig, seine Songs mit derartigen Zynismen einzuleiten. Wir wissen, daß seine Songs nicht zum fröhlichen Mitpfeifen animieren. Aber zu einem derartig intensiven Seelenstriptease gehören nun mal selbstdistanzierende Sarkasmen, schon allein zum Schutz der eigenen Psyche. Eitzel kann damit umgehen, er hat sein geeignetes therapeutisches Mittel gefunden, der manischen Verdammtheit zu begegnen. Wie schön, daß auch wir etwas davon abbekommen haben. „I write this song, when ... shit, who cares, what I do?“ Lieber Mark Eitzel, Du wirst staunen, wie viele das tun!

inGO