Britischer Stadtkommandant aufgeschlossen

■ Britischer Stadtkommandant, Generalmajor Corbett, erklärt Bereitschaft, Auftreten zu überprüfen / Die Garantie für äußere Sicherheit schließe verändertes Auftreten in der Stadt nicht aus / SPD begrüßt Äußerungen des britischen Stadtkommandanten

Neue und sehr deutliche Töne schlug der britische Stadtkommandant Generalmajor Corbett in einer Rede vor der Deutsch-Englischen Gesellschaft an. Er betonte zwar ausdrücklich, daß die Schutzgarantien der Alliierten unverändert weiter bestünden, unterstrich aber, dies hieße nicht, daß „die Art und Weise, wie wir unsere Aufgaben als Schutzmacht wahrnehmen, unabänderlich sein muß“. Der General zeigte sich aufgeschlossen gegenüber kritischen Stimmen zur alliierten Präsenz. Er sagte, er sei sich bewußt, „daß neue Generationen von Berlinern mit einer anderen historischen Erfahrung unterschiedliche Auffassungen über die Rechte und Aktivitäten der Alliierten“ in Berlin hätten. „Kontinuität des Handelns vorausgesetzt, bin ich immer bereit, mir solche Ansichten anzuhören und selbstkritisch zu überlegen, wie wir am besten auf die Bestrebungen und Belange einer jüngeren Generation eingehen können“, versicherte er. Auch bei jungen Briten hat der Stadtkommandant feststellen können, daß ihnen die Anwesenheit der Alliierten Truppen in Berlin „in einer Zeit nachlassender Spannungen nicht mehr vertraut“ sei.

Corbett schätzte die vielen Fortschritte in den Ost-West -Beziehungen der jüngsten Zeit als sehr ermutigend ein. Eine solche positive Entwicklung sei gerade für Berlin von besonderer Bedeutung. Der britische Stadtkommandant warnte auch vor einem falschen Sicherheitsgefühl. „Als Hüter der Sicherheit Berlins dürfen wir uns jedoch nicht irreführen lassen, indem wir davon ausgehen, daß weitere Fortschritte unausbleiblich sind“, meinte er. Eine Schutzmacht könne es sich nicht leisten, „überrascht zu werden, wenn das Klima in Moskau wieder umschlägt und sich die Lage in und um Berlin erneut zuspitzt“. Die Alliierten „werden solange bleiben, wie die Sicherheit Berlins und die Aufrechterhaltung seiner demokratischen Institutionen unsere Gegenwart erforderlich macht“.

Es waren die ersten öffentlichen Äußerungen eines Stadtkommandanten nach dem Regierungswechsel. Indirekt bezog sich der General auch auf die rot-grünen Koalitionsvereinbarungen. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Dietmar Staffelt, freute sich gestern in einer Presseerklärung über des Generals Worte.

Staffelt unterstrich die unveränderte Bedeutung der Anwesenheit der drei Mächte für die Sicherheit und die Lebensfähigkeit der Stadt. Gleichzeitig müsse aber der veränderten Lage in und um Berlin Rechnung getragen werden. Gemeinsam solle man sich anstrengen, um eine „zeitgemäße Anpassung des in Berlin geltenden alliierten Rechts zu ermöglichen“. Die Äußerungen des britischen Stadkommandanten ließen weitere Fortschritte im Verhältnis der drei Mächte „zu den Bürgern von Berlin (West) erwarten“.

In den am Dienstag vom Senat beschlossenen Richtlinien der Regierungspolitik heißt es zum Status der Stadt, die Anwesenheit der drei Mächte sei eine der Grundlagen der Lebensfähigkeit von Berlin (West). In den Koalitionsvereinbarungen ist von einer „Selbstbindung durch die drei Mächte“ die Rede, „die die demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung im Vergleich zu den Ländern der Bundesrepublik nicht mehr einschränkt, als für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit zwingend geboten ist“. Die Kompetenzen für die Innere Sicherheit sollen nach dem erklärten Willen der Koalition möglichst vollständig und generell auf deutsche Behörden übertragen werden.

RiHe/ap